Die Neuerungen in Opensuse 12.3

Die neue Version 12.3 von Opensuse bringt neben einem neu gestalteten, eleganten Desktop und aktualisierter Software auch diverse technische Verbesserungen.

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Von
  • Dr. Oliver Diedrich
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Opensuse 12.3 (9 Bilder)

Schon der Login-Screen gibt eine Vorahnung der neuen, eleganten Desktop-Optik.

Zu den technischen Neuerungen in Opensuse 12.3 gehört die UEFI-Unterstützung: Die Distribution bootet auf UEFI-Rechnern – sowohl von DVD als auch von USB-Stick. Das funktionierte auf unserem Testrechner auch, wenn im Firmware-Setup Secure Boot aktiviert war. Allerdings muss man bei der Installation in den Bootloader-Einstellungen der Installationsübersicht explizit die Secure-Boot-Unterstützung aktivieren; die Opensuse-Entwickler bezeichnen das Feature noch als experimentell.

Ansonsten haben die Opensuse-Entwickler den Installer gegenüber der Vorversion nicht großartig verändert. Er führt den Anwender in wenigen Schritten sicher durch den Installationsprozess, macht dabei allerdings an einigen Stellen Vorgaben, über deren Sinn man streiten kann: Der bei der Installation angelegte Benutzer wird beim Start des Systems standardmäßig ohne Passwortabfrage automatisch angemeldet und das Home-Verzeichnis auf eine eigene Partition ausgelagert. Beides lässt sich aber mit wenigen Mausklicks anpassen.

Opensuse 12.3 installieren (12 Bilder)

Auch das Installationsprogramm ist in der neuen, dunklen Optik gehalten.

Netz oder kein Netz, das ist hier die Frage.

Echte Probleme erlebten wir im Test allerdings mit dem Netzwerk. Zwei PCs, beide mit einem LAN mit DHCP-Server verbunden, hatten beim ersten Start nach der Installation keine Netzwerkverbindung. Bei einem Rechner half ein Reboot, bei dem zweiten mussten wir die Netzwerkkarte im Konfigurationstool Yast2 explizit auf DHCP stellen. Das Netzwerk-Applet im KDE-Panel beschwerte sich aber immer noch, dass das Netzwerk nicht korrekt aufgesetzt sei und dass der Network Manager nicht läuft – der soll laut den Entwicklern allerdings sowieso nur auf Notebooks zum Einsatz kommen. Auf unserem Test-Notebook startete der Network Manager allerdings nicht von selbst, wir mussten ihn von Hand aktivieren.

Opensuse 12.3 bringt ein neues, elegantes Desktop-Theme.

Wie üblich lässt Opensuse 12.3 dem Anwender die freie Desktop-Wahl: Gnome und KDE werden als gleichberechtigte Alternativen angeboten; weitere Desktops, darunter XFCE 4.10, LXDE, Enlightenment 0.17 (E17) und verschiedene Fenstermanager, sind über einen weiteren Mausklick erreichbar.

Der KDE-Desktop liegt in der aktuellen Version 4.10 bei, die unter anderem einen neuen Druckmanager und verbesserte Bluetooth-Integration mitbringt. Der "semantische Desktop" Nepomuk hat einen neuen Datei-Indexer erhalten, der schneller und ressourcenschonender arbeiten soll als Strigi und sich feinkörniger konfigurieren lässt. Die Opensuse-Macher haben KDE 4.10 mit einem schicken Theme versehen, das für einen eleganten und komfortablen Desktop mit nur noch dezenten Grüntönen sorgt. Bei den Mouseover-Tooltipps hat man es allerdings übertrieben, wenn beispielsweise die Tooltipps bei den Icons im Desktop-Folder genau das anzeigen, was sowieso schon auf dem Bildschirm zu sehen ist.

Anwendungsmenüs können hinter einem Menü-Button in der fensterleiste verschwinden.

Eine Neuerung in KDE ist die Möglichkeit, die Menüzeile in Anwendungen verschwinden zu lassen: Im KDE-Konfigurationstool Systemsettings kann man im Modul "Erscheinungsbild von Anwendungen" auf dem Reiter Feineinstellungen festlegen, dass sich das Menü hinter einem Button in der Titelleiste des Fensters versteckt oder am oberen Bildschirmrand eingeblendet wird, wenn man die Maus dorthin bewegt. Irritierend: Der KDE-Screensaver zeigt zwar ein Feld zur Passworteingabe an, wenn der Bildschirm gesperrt ist, entriegelt den Desktop in der Voreinstellung aber auch ohne Passwort.

Gnome 3.6 bringt Verbesserungen bei den Benachrichtigungen, beim Dateimanager Nautilus und der Integration von Facebook-, Windows-Live- und Exchange-Konten in die Kontoverwaltung des Desktops. Mit Boxes enthält Gnome nun ein eigenes Werkzeug zur Verwaltung virtueller Maschinen, das übersichtlicher ist als der Virt-Manager.

Die Anwendungen wurden aktualisiert: Digikam 3.0 kann jetzt Diashows in verschiedenen Video-Formaten erzeugen und die Bilder per DLNA über das Netzwerk für andere Geräte zugänglich machen. LibreOffice liegt noch in der Version 3.6 bei; das aktuelle LibreOffice 4.0 hat es nicht mehr in die Distribution geschafft. In den PIM-Tools Kontact 4.10 (KDE) und Evolution 3.6.3 (Gnome) soll die Suche nach Mails verbessert worden sein. Version 2.7 des KDE-Audioplayers Amarok bringt eine bessere Desktop- und iPod-Integration. VirtualBox 4.2 unterstützt Windows-8-Gäste und erlaubt eine Begrenzung der Netzwerkbandbreite virtueller Maschinen.

Apper, ein neues KDE-Tool zur Softwareverwaltung.

Mit Apper, einem KDE-Frontend für PackageKit, ist ein neues Tool zur Softwareverwaltung hinzugekommen. Apper ergänzt die diversen Option zur Sortierung der Programmpakete in der Softwareverwaltung von Yast nach "Schemata", "Paketgruppen" und "RPM-Paketgruppen" um eine vierte Kategorisierung – das macht die Verwaltung der Programmpakete nicht unbedingt übersichtlicher. Letztlich greifen Apper/PackageKit, Yast und das Kommandozeilenwerkzeug Zypper aber auf dieselbe RPM-Datenbank und dieselben Repositories zu. Daher lassen sich die Tools auch nicht gleichzeitig verwenden: Wenn die Yast-Softwareverwaltung läuft, verweigert Apper bereits die Suche nach Programmpaketen.

Im LAMP-Stack hat MariaDB das bislang verwendete MySQL als Standard-Datenbank abgelöst. PostgreSQL liegt in Version 9.2 bei, die erstmals einen JSON-Datentyp samt passenden Funktionen bietet und ein einigen Anwendungssituationen deutlich schneller geworden sein soll. Neu in Opensuse ist die EC2-kompatible Cloud-Software OpenStack in der aktuellen Version Folsom; an der Integration der kommenden OpenStack-Version (Grizzly) wird bereits gearbeitet. Python liegt in den Versionen 3.3 und 2.7.3 bei; Standard für Python-Skripte ist noch Python 2. Die aktuelle Version 5 des Qt-Toolkits hat es noch nicht in das offizielle Opensuse-Repository geschafft.

Opensuse 12.3 enthält den Kernel 3.7, der – neben erweitertem Hardwaresupport – Verbesserungen unter anderem im Netzwerkbereich bringt. Dazu gehören die Integration des Netzwerkprotokolls SMB 2 und von Googles TCP-Erweiterung TCP Fast Open. Der Device Mapper beherrscht jetzt das RAID-Level 10. Das "Next Generation Filesystem" Btrfs soll vor allem bei Schreibzugriffen aus virtuellen Maschinen heraus bessere Performance liefern. Der Opensuse-Installer bietet an, das System auf dem noch immer als experimentell klassifizierten neuen Dateisystem zu installieren; Standard ist allerdings nach wie vor Ext4. Der freie Nvidia-Treiber Nouveau sollte mit fast allen Nvidia-Karten funktionieren.

Vor allem für die ARM-Plattform bringt der Kernel 3.7 erhebliche Verbesserungen: Dank Multiplattform-Unterstützung für 32-bittige ARM-Architekturen kann jetzt ein Image auf verschiedenen ARM-Plattformen booten. Wichtiger ist aber, dass der Kernel 3.7 den 64-Bit-ARM-Befehlssatz gelernt hat, was Linux fit für die kommenden 64-bittigen ARM-Server macht. Die Opensuse-Entwickler haben bereits die meisten Programmpakete auf die 64-Bit-ARM-Architektur Aarch64 portiert; Opensuse 12.3 für 64-Bit-ARM soll in wenigen Wochen fertig sein.

Systemadm, ein grafisches Frontend zur Systemd-Konfiguration.

Das traditionelle System-V-Init wurde in Opensuse 12.3 komplett durch Systemd (Version 195) abgelöst. Systemd kontrolliert jetzt Suspend und Hibernate, sodass das Notebook beim Zuklappen des Deckels auch dann einschläft, wenn kein Benutzer angemeldet ist. Version 195 des neuen Init-Systems bringt einige neue Kommandozeilen-Tools sowie ein Journal für Systemmeldungen mit, man mit dem Tool journalctl einsehen kann. Über das Programmpaket systemd-ui lässt sich das grafisches Werkzeug systemadm zur Systemd-Konfiguration installieren.

Der X-Server 1.13 bringt Verbesserungen bei Hybrid-Grafik, wie sie zunehmend in Notebooks eingesetzt wird. Die GNU Compiler Collection GCC liegt in Version 4.7 bei, die Glibc in Version 2.17, die erstmals ARMs 64-Bit-Architektur unterstützt.

Die Live-Medien mit Gnome- und KDE-Desktop, die jetzt auch Gimp und LibreOffice enthalten, haben eine Größe von rund 900 MByte, sodass sie nicht mehr auf einen CD-Rohling passen; die Entwickler empfehlen die Verwendung eines USB-Sticks. Um auch noch eine Opensuse-variante anbieten zu können, die auf eine CD passt, gibt es jetzt ein Rettungssystem mit XFCE-Desktop von gut 500 MByte Größe.

Die Live-Images und ein DVD-Image zur Installation stehen auf software.opensuse.org für 32- und 64-bittige x86-Systeme zum Download bereit. Eine detaillierte Auflistung der Neuerungen gibt die Feature-Seite, einen Überblick findet man in der Ankündigung auf opensuse.org. (odi)