IETF: "Wer das Internet annimmt, sollte auch seine Standards annehmen"

In seiner Abschiedsrede appellierte der scheidende IETF-Chef Russ Housley an die Regierungen der Welt, die Standards eines offenen Internets anzuerkennen. Der Nachfolger Jari Arkko will unter anderem die Außenwirkung der Organisation verbessern.

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Von
  • Monika Ermert

Der scheidende Chef der Internet Engineering Task Force (IETF), Russ Housley, hat in seiner Abschiedsrede beim IETF-Treffen in Orlando an Regierungen appelliert, die Standards eines offenen und kollaborativen Internets anzuerkennen. Praktisch jede Regierung auf der Welt nutze heute das Internet, doch von den zugrunde liegenden Standards wollte viele Regierungen nichts wissen. „Wer das Internet annimmt, sollte auch die Standards annehmen, auf deren Basis es funktioniert.“

Der scheidende IETF-Chef Russ Housley.

(Bild: IETF)

Gegenüber heise online sagte Housely, globale Interoperabilität sei das große Erfolgskonzept des Netzes. Es gebe niemanden, der das Netz regiere. „Vielmehr arbeiten viele zusammen, damit es funktioniert“, erklärte der Sicherheitsexperte. Zugleich lobte er die IETF, in deren Standardisierungsarbeit sich der Internet-typische kollaborative Prozess spiegele. Die verschiedenen Standpunkte und Interessen machten es schwer, zu einem Konsens zu gelangen. „Wenn wir aber einen Konsens schaffen, haben wir meist ein besseres, klareres Ergebnis, das mehr Unterstützung erhält als der ursprüngliche Vorschlag,“ so Housley.

In Housleys Zeit als Vorsitzender (seit 2007) fielen harte Auseinandersetzungen zwischen der IETF und der Internationalen Fernmeldeunion (ITU), unter anderem um den MPLS-Standard. Beim der am Rande der World Conference on International Communication (WCIT) abgehaltenen „Global Standards Symposium“ (GSS) vertrat Housley gemeinsam mit Vertretern des W3C und der IEEE offensiv das Prinzip offener Standards (OpenStand). Damit reagierten die Standardisierer auch auf in die WCIT eingebrachten Vorschläge von Regierungen, die bei der ITU entwickelten Standards im neuen Telekommunikationsvertrag zu privilegieren.

Jari Arkko, der neue Mann an der Spitze der IETF.

(Bild: IETF)

Housleys Nachfolger Jari Arkko betonte, dass die IETF sich mehr Gehör verschaffen und ihre Botschaft auch an Regierungen besser vermitteln müsse. Arkko versprach im Rahmen seiner Antrittsrede, die Internationalisierung und die Außenwirkung der Organisation weiter zu verbessern. „Wir müssen mehr nach draußen gehen und die Arbeit der IETF darstellen“, sagte Arkko.

Bei Arkkos erster Plenarsitzung erhitzte vor allem das Thema Diversität die Gemüter. Für Unmut und einen bitterbösen offenen Brief von IETF-Teilnehmern sorgte die diesjährige Besetzung der IETF-Führungspositionen. Alle 32 Führungsmitglieder der verschiedenen IETF-Gremien kommen aus Nord-Amerika oder Europa, es sind nur 19 Unternehmen vertreten und nur eine Frau wurde berufen. Mit diesen Zahlen, so warnen die Autoren des offenen Briefes, fällt die IETF sogar klar hinter die Situation vor 10 Jahren zurück.

"Wir wollen die besten Leute für den Job", verteidigte Arkko seine neue Spitze, versprach allerdings gleichzeitig, dass sich ein „Design Team“ sowohl der Internationalisierung als auch der besseren Diversität innerhalb der Führungsriege annehmen soll. Als ersten praktischen Schritt plant die IETF ein erstes Treffen in Lateinamerika. Gewisse Fortschritte seien schon sichtbar, so Arkko, beispielsweise sei der Anteil chinesischer Teilnehmer bei einigen Treffen von 2 auf 11 Prozent gestiegen. Dennoch gebe es viele weiße Flecken auf der IETF-Landkarte.

Auf Arkkos To-do-Liste steht allerdings auch, dass die Organisation "Ende-zu-Ende-Verzögerungen" im Standardisierungsprozess abbauen und sich neuen Themenbereichen widmen muss. Bei den Basis-Protokollen der Internetkommunikation ist vieles schon geregelt, Arkko sieht aber in den Bereichen Internet der Dinge, Smart Objects und Echtzeitkommunikation noch viel zu Arbeit.

Unterstützt wird sein IETF-Vorsitz von seinem Arbeitgeber Ericsson, der den IETF-Vorsitzenden für viele Arbeitsstunden frei stellen muss. Housley, der seine eigene Ein-Mann-Firma Vigil Security gründete, war von VeriSign und dem US-Geheimdienst National Security Agency gesponsort worden. (axk)