GDC: Die letzte Game Design Challenge

Das letzte Spiel der Menscheit, so hieß die Aufgabe, der sich verschiedene Star-Designer auf der letzten Veranstaltung der GDC dieser Art stellen mussten. Das Gewinnerspiel wird vielleicht erst in 2800 Jahren entdeckt.

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Von
  • Roland Austinat

Mit kniffligen Aufgaben, die selbst gestandene Spieldesigner ins Schwitzen bringen, ist Eric Zimmermans Game Design Challenge seit 2004 ein fester Bestandteil der Game Developers Conference. Dennoch fand sie zum letzten Mal statt, weil es nach Meinung der Konferenzveranstalter gerade in der Indie-Szene mehr als genug Spiele mit ungewöhnlichen Themen gäbe. In diesem Jahr lautete Zimmermans Aufgabe, "Humanity's Last Game" zu entwickeln – das letzte Spiel der Menschheit. Sechs All-Star-Designer, die den Wettbewerb bereits schon einmal gewonnen hatten, wagten sich an das schwierige Thema.

Das Panel der letzten Game Design Challenge war mit All-Stars der Spieldesigner gespickt (v.l.n.r Will Wright, Harvey Smith, Steve Meretzky, Eric Zimmerman, Erin Robinson, Jason Rohrer und Richard Lemarchand).

(Bild: Roland Austinat)

Will Wrights Beitrag stellte in "Time Capsule" menschliche Erinnerungen in den Vordergrund: Welche zehn persönlichen, kulturellen und geschichtlichen Ereignisse sind es wert, alle Zeit zu überdauern? Können wir erraten, welche Erinnerungen unsere Mitspieler aufbewahren? Und könnten Außerirdische aus einem Stapel solcher Erinnerungen das Leben eines Menschen nachempfinden? In Richard Lemarchands "Ludo Sapiens: The Wise Game" bewerten Spieler die Taten ihrer Mitspieler beziehungsweise lassen ihre eigenen Taten von anderen beurteilen. Das führt am Ende des Spiels entweder zur Vernichtung der Erde oder der friedlichen Erforschung des Weltalls.

Deutlich ernster und gleichzeitig spielerischer ging Harvey Smith die Problemstellung an. "Warum spielen wir überhaupt, wenn wir das Spiel unseres Lebens nicht gewinnen können?" fragte Smith die Zuhörer. "Am Ende verlieren wir alle." Diese Erkenntnis spiegelt sich in den zehn zufällig ausgewählten Szenen auf einer sturmumtosten Insel wieder, die der Spieler in 3D-Ansicht bewältigen muss. Darin bringt er beispielsweise die computergesteuerten Inselbewohner in Sicherheit und freundet sich mit Hilfe von Spielen mit ihnen an. Doch es gibt auch Saboteure, die die Handlungen des Spielers torpedieren. Am Ende der zwölften Szene stirbt der Spieler - entweder allein oder von seinen Freunden umgeben.

Das Ende des gesamten Planeten hatten Steve Meretzky und Erin Robinson im Visier. Meretzkys Idee: "No Survivor", eine Reality-TV-Serie, in der Hacker in die Kommandozentralen der Weltmächte eindringen und einen Atomkrieg auslösen müssen. Wer es als erster schafft, dem winkt ewiger Ruhm: Sein Name steht auf einer Gedenktafel, die unmittelbar vor der Vernichtung der Erde ins All geschossen wird. Robinson dachte sich das Spiel "Quogga" aus: ein Augmented-Reality-Titel, bei dem unsichtbare Monster per Smartphone und Tablet unschädlich gemacht werden müssen. Das überaus süchtig machende Spiel schaukelt sich jedoch so sehr auf, dass eine virtuelle Alien-Invasion zum Abschuss einer realen Atomrakete führt – was ebenfalls den dritten Weltkrieg auslöst.

Jason Rohrer stellte sein Erbe an die Menschheit vor: Ein Spiel, das womöglich erst im Jahr 4799 n. Chr. gefunden wird.

(Bild: Roland Austinat)

Der Gewinnerbeitrag "A Game for Someone" stammte vom Indie-Darling Jason Rohrer. Er fertigte ein über 13 Kilo schweres Spielbrett aus Titan an und vergrub es mitsamt Spielfiguren und einer in einem luftdichten Glaszylinder verpackten, nur aus Piktogrammen bestehenden Anleitung in der Wildnis des US-Bundesstaats Nevada. Die GPS-Koordinaten des Fundortes versteckte er in einer Liste von 1.017.000 Koordinaten, die er ausdruckte und in vielen hundert Umschlägen im Vortragssaal verteilte. "Wer pro Tag eine Koordinate abklappert, braucht bis zu 2.786 Jahre, um das Spiel zu finden", grinste Rohrer –wahrlich das letzte Spiel der Menschheit. Einige Konferenzteilnehmer baten nach der Siegerehrung jedoch darum, die Umschläge bei ihnen abzuliefern. Sie wollen das Spiel noch zu Rohrers Lebzeiten finden. Erschweren dürfte das die Tatsache, dass etliche Zuhörer ihren Umschlag stattdessen mit nach Hause nahmen oder einfach unachtsam in den Müll warfen – wer von den beiden Gruppen ist der größere Spielverderber? (hag)