ESA-Experte: Satellitennavigation vor einem gewaltigen Sprung

Selbstfahrende Autos, automatische Bagger und Maschinen, die zentimetergenau Felder düngen: Satellitennavigation könnte all das möglich machen – und Unternehmen große Chancen eröffnen, meint ein Experte der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA.

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Von
  • Julia Kilian
  • dpa

Der Navigation durch Satelliten steht nach Ansicht der Europäischen Weltraumbehörde ESA ein großer Sprung bevor. Im Jahr 2020 seien voraussichtlich dreimal so viele Satelliten im All wie heute. "Zusammen mit der wachsenden Fähigkeit gibt es komplett neue Anwendungsfelder", sagte Professor Werner Enderle vom Satellitenkontrollzentrum in Darmstadt der dpa. "In Ihrem Auto im Navigationsgerät reichen heute fünf Meter Genauigkeit", erklärte Enderle, der die Abteilung Navigation leitet. "In Zukunft, wenn Sie automatisch fahren wollen, brauchen Sie zehn Zentimeter. Und das ist erreichbar."

Einige Möglichkeiten aus der Welt der Satelliten wird er an diesem Freitag (12. April) bei der Konferenz "Global Navigation meets Geoinformation 2013" in Darmstadt vorstellen. Die Fachtagung ist zugleich Auftakt in Hessen für einen weltweiten Wettbewerb, der neue Ideen für Satellitennavigation sucht.

Bislang stützen sich Navigationsgeräte auf das US-amerikanische Global Positioning System (GPS). Europa baut parallel ein eigenes System auf, 4 von 30 Galileo-Satelliten sind bereits im All. In sieben Jahren sollen alle oben sein. Nutzer können dann zivile Signale von beiden Systemen empfangen – und haben damit eine bessere Verfügbarkeit, wie Enderle berichtet.

"Das heißt, Sie haben 2020 über 100 Satelliten da oben", sagte der Ingenieur. "Das ist die Chance, was wir auch den Unternehmen immer wieder sagen: 'Ihr seid an einer Stufe, kurz bevor wir einen wirklichen Quantensprung machen.'" Denn mit der verbesserten Technik eröffneten sich neue Anwendungen und Geschäftsfelder. Viele Unternehmen wüssten darüber nur wenig, sagte Enderle.

Für den Experten ist es nur eine Frage der Zeit, bis Autos automatisch fahren können. "Wenn ich in die Zukunft denke, sagen wir mal 20 Jahre: dann setzen Sie sich rein und werden wie im Taxi von A nach B gefahren", sagte Enderle. In der Landwirtschaft könnten Maschinen Felder zentimetergenau düngen – und damit Geld und Ressourcen sparen. Denkbar sei auch ein Einsatz im Altenheim: Orientierungslose Bewohner könnten geortet und Pfleger automatisch informiert werden, wenn sich die Menschen auf die Straße verirrten. Ob das im Datenschutz durchzusetzen ist? "Das ist dann eine gesellschaftliche Akzeptanz-Frage", sagte Enderle.

Die Entwicklungen stellten nicht nur Wirtschaft und Gesellschaft vor neue Herausforderungen, sondern zum Beispiel auch das Rechtssystem. Geklärt werden müsse zu Beispiel die Schuldfrage, wenn ein automatisiertes Auto einen Unfall baue. (anw)