EU-Innenpolitiker lehnen Auswertung von Fluggastdaten ab

Der federführende Innenausschuss des EU-Parlaments hat den Entwurf der Kommission für den Aufbau eines Systems zur Sammlung und Auswertung von Flugpassagierdaten zurückgewiesen. Das Projekt steht damit vor dem Aus.

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Der federführende Innenausschuss des EU-Parlaments hat am heutigen Mittwoch den umstrittenen Entwurf der EU-Kommission für den Aufbau eines Systems zur Sammlung und Auswertung von Flugpassagierdaten mit 30 zu 25 Stimmen zurückgewiesen. Das Überwachungsvorhaben der von europäischen Flughafen aus Reisenden steht damit vor dem Aus. Der bisherige Vorschlag sei mit dem Beschluss "begraben", erklärte der innenpolitische Sprecher der Grünen im Parlament, Jan Philipp Albrecht. Das Ergebnis der Abstimmung sei eine "Grundsatzentscheidung für Rechtsstaat und Grundrechte in Europa". Die Abgeordneten hätten "gegen Vorratsdatenspeicherung und Rasterfahndung" votiert.

Der abgelehnte Richtlinienentwurf der Kommission sah vor, dass Passenger Name Records (PNR) bis zu fünf Jahre gespeichert werden. Dabei sollen die Daten der Fluglinien, zu denen neben Name, E-Mail-Adresse, Telefon-, Konten- und Kreditkartennummern etwa auch Essenswünsche oder Angaben über den gesundheitlichen Zustand der Reisenden gehören, nach 30 Tagen "maskiert" werden. So wollte die Brüsseler Regierungseinrichtung eine Personenbeziehbarkeit erschweren.

Der EU-Rat und der Berichterstatter im Innenausschuss des Parlaments, der britische Konservative Timothy Kirkhope, wollten das Vorhaben deutlich ausweiten und verschärfen. So sollten die Informationen zwei Jahre lang unmaskiert vorgehalten werden. Mitgliedsstaaten wollte es der Rat selbst überlassen, ob sie ausgewählte Flugrouten innerhalb Europas in ihre nationalen Datenbanken einschließen.

Die Kommission müsse ihren "unsinnigen und rechtswidrigen Vorschlag" jetzt zurücknehmen, betonte Albrecht. Der geplante "unerträgliche Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik", der einer Umkehr der Unschuldsvermutung gleichgekommen wäre, sei endgültig vom Tisch zu nehmen.

Der fraktionslose EU-Abgeordnete Martin Ehrenhauser sieht noch mögliche Verhandlungen mit dem Rat nun ebenfalls als von vornherein gescheitert an. "Dieses Ergebnis muss als klares Signal gewertet werden", befand der Österreicher. In Folge seien auch die bereits verabschiedeten Abkommen zur Übermittlung von Fluggastdaten an die USA und Australien zu überprüfen. Die Initiative NoPNR, die sich im Vorfeld gegen die Richtlinie stark gemacht hatte, appellierte an die Volksvertreter, den noch nicht abgesegneten Vertragsentwurf mit Kanada gleichfalls abzulehnen.

Derzeit ist unklar, ob die Entscheidung des Innenausschusses noch durchs Parlamentsplenum muss. Die Präsidentschaften der verschiedenen Brüsseler Gesetzgebungsgremien hätten dazu noch keine einheitliche Meinung vertreten, erklärte eine Mitarbeiterin Albrechts gegenüber heise online. Mit dem Votum der Innenpolitiker räume dem ursprünglichen Vorhaben aber keiner mehr echte Chancen ein. Die Kommission hat andererseits Anfang des Jahres bereits Fakten geschaffen und 50 Millionen Euro Fördermittel ausgeschrieben, mit denen nationale Datenbanken und Austauschknoten für Flugpassagierdaten aufgebaut werden sollen. (jk)