Mehr Freiheiten im Internet für Schweizer Radio und Fernsehen

Ab dem 1. Juni darf der öffentlich-rechtliche Rundfunk der Schweiz auch Texte veröffentlichen, die keinen Bezug zu Radio- oder Fernsehsendungen haben.

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Von
  • Tom Sperlich

Die Schweizer Regierung, der Bundesrat, gewährt dem öffentlich-rechtlichen Radio und Fernsehen der Schweiz (SRG SSR) mehr Freiheiten im Internet. Sie spricht von einer "moderaten Öffnung des Internets für die SRG" mit ihren 18 Radio-, 7 Fernsehprogrammen und Online-Angeboten in den vier Landessprachen. Die SRG kann ab 1. Juni auch Texte veröffentlichen, die keinen Bezug zu Radio- oder Fernsehsendungen haben. Damit soll der Service public ("öffentlicher Dienst", Grundversorgungsangebote der öffentlichen Hand) gestärkt werden, teilte das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) mit. Zum Schutz anderer Medien setzt die Regierung der SRG aber klare Grenzen.

Ähnlich dem deutschen Streit zwischen dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und den öffentlich-rechtlichen Sendern, was und wie viel ARD und ZDF im Internet dürfen, wird auch in der Schweiz schon seit einiger Zeit diskutiert. Das dortige gebührenfinanzierte Radio und Fernsehen will seine Angebote im Internet schon seit langem ausbauen, die Schweizer Verleger wehrten sich vehement dagegen. Eine Einigung über eine gemeinsame Nutzung des Internets war nicht in Sicht, heißt es in der UVEK-Mitteilung, deshalb entschied nun die Regierung. Zwar beschloss der Bundesrat bereits im vorigen Herbst, an dem Werbe- und Sponsoring-Verbot im Online-Bereich der SRG festzuhalten, stellte der SRG aber eine Lockerung bei den inhaltlichen Befugnissen in Aussicht. Die nun verabschiedete Regelung lässt der SRG dort mehr Freiraum, wo die Online-Inhalte einen Bezug zu ausgestrahlten Sendungen haben, ist aber dann restriktiver, wenn ein solcher Bezug fehlt.

So muss die SRG insgesamt drei Viertel aller online stehenden Texte, die nicht älter als 30 Tage sind, direkt mit audiovisuellen Inhalten verknüpfen. Texte in den Bereichen News, Sport und Lokales/Regionales, die keinen Sendungsbezug haben, dürfen maximal 1000 Zeichen umfassen. Die SRG hatte sich gegen diese Einschränkung gesträubt. Die Medienverbände hatten eine maximale Länge von 600 Zeichen gefordert. Sendungsbezogen müssen auch eventuelle Publikumsforen und Spiele sein. Marktplätze, auf denen Zuschauer Produkte kaufen, verkaufen oder tauschen können, bleiben auf den SRG-Sites verboten.

Der SRG darf künftig wichtige politische, wirtschaftliche, sportliche und kulturelle Ereignisse als Video-Live-Stream via Internet übertragen. Damit erkenne die Regierung das Internet als selbständigen Verbreitungskanal an, heißt es in der Mitteilung des UVEK. Der Bundesrat komme damit einem Auftrag des Parlaments sowie einem breiten Publikumsbedürfnis nach. Solche Streams waren bisher nur bei gleichzeitiger Übertragung in einem Fernsehprogramm oder nach einer Meldung beim Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) möglich.

Laut Medienberichten zeigen sich darüber aber die Westschweizer Verleger verärgert. Sie kritisieren vor allem, dass das Live-Streaming auch für sportliche und kulturelle Ereignisse zugelassen wird. Der Generalsekretär des Verbandes Médias suisses sieht einen "schwarzen Tag fürs Privatfernsehen". Mit der Streaming-Erlaubnis werde quasi ein neuer TV-Sender geschaffen. Zufrieden wiederum zeigten sich sowohl der Präsident des Verbands Schweizer Medien als auch die SRG. (anw)