Österreich: Aufhebung von eBay-Verträgen bei zu hohem Preis möglich

Wenn Gebot und Gegenwert bei einer eBay-Versteigerung in auffälligen Missverhältnis stehen, kann der Vertrag vom Benachteiligten aufgehoben werden, hat der österreichische Oberste Gerichtshof entschieden.

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Verträge, in denen ein Vertragspartner mehr als das Doppelte der Gegenleistung leisten soll, können in Österreich vom Benachteiligten aufgehoben werden (so genannte "laesio enormis", § 934 ABGB). Diese auch "Verkürzung über die Hälfte" genannte Regelung ist auch auf über Online-Auktionswebseiten wie eBay geschlossene Verträge anwendbar, hat der österreichische Oberste Gerichtshof (OGH) in einer nun bekannt gewordenen Entscheidung festgestellt (4 Ob 135/07t).

Geklagt hatte der Verkäufer eines Autos, der im September 2005 seinen zehn Jahre alten Gebrauchtwagen unter Hinweis auf diverse gravierende Mängel und mit einem Angebot zur Besichtigung als "Bastlerfahrzeug" bei eBay zum Mindestpreis von einem Euro eingestellt und damit schließlich 4.010 Euro erzielt hatte. Der Käufer hatte von der Besichtigungsmöglichkeit während der Versteigerung keinen Gebrauch gemacht und kannte daher den Wert des Wagens nicht. Als er das Fahrzeug nach Versteigerungsende zum ersten Mal sah, verweigerte er die Zahlung des Kaufpreises.

Der Verkäufer klagte daraufhin auf Zahlung des Kaufpreises, verlor jedoch in allen drei Instanzen. Der Beklagte hat sich erfolgreich auf die laesio enormis berufen. Der Verkehrswert des Fahrzeugs (zwischen 500 bis 1.600 Euro) erreicht nämlich nicht einmal die Hälfte des Kaufpreises (4.010 Euro).

Zwar gibt es im österreichischen Recht diverse Ausnahmen von der laesio enormis, das Gericht sah jedoch keine als zutreffend an, da es sich weder um eine Zwangsversteigerung noch um einen Glücksvertrag mit einem starken Zufallselement gehandelt habe, bei dem im Voraus nicht absehbar ist, für welche Seite sich der Vertrag als vorteilhaft erweist. Da bei einer Online-Auktion der Bieter jederzeit aussteigen könne, trete der Wagnischarakter auf Seiten des Bieters völlig in den Hintergrund, so der OGH.

Im deutschen Recht ist keine solche "laesio enormis" vorgesehen. Der Bundesgerichtshof geht jedoch davon aus, dass ein Vertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist, bei dem Leistung und Gegenleistung in auffallendem Missverhältnis stehen ("wucherähnliches Geschäft"). Zusätzliche Voraussetzung ist jedoch eine verwerfliche Gesinnung des Bevorteilten in Form des bewussten oder leichtfertigen Ausnutzens der schwächeren Position des Benachteiligten. (Daniel AJ Sokolov) (odi)