Euro Hawk: Ein Muster ohne Wert

In dem Euro-Hawk-Entwicklungsvertrag wird die erforderliche Musterzulassung durch EADS und Northrop Grumman in zwei dürren Sätzen abgehandelt. Die Frage der Verkehrszulassung war lange vorher bekannt, ehe die Reißleine gezogen wurde.

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Von
  • Detlef Borchers

Bei der Entwicklung der Aufklärungsdrohne Euro Hawk wurde von Anfang das Problem unterschätzt, für das Gesamtsystem eine Verkehrszulassung im europäischen Luftraum zu erhalten. In dem heise online vorliegenden Euro-Hawk-Entwicklungsvertrag aus dem Jahre 2007 wird die erforderliche Musterzulassung durch EADS und Northrop Grumman in zwei dürren Sätzen abgehandelt. Die Frage der Verkehrszulassung war laut einem Bericht der Tagesschau lange vorher bekannt, ehe die Reißleine gezogen wurde.

Vertraglich war beim Euro Hawk alles bis aufs kleinste Detail geregelt, bis hin zur zuständigen Niederlassung der Deutschen Post, falls ein beschädigtes Päckchen mit Euro-Hawk-Unterlagen den Bund erreicht. Auch die Stückprüfung, Musterprüfung und -Zulassung des "Luftfahrzeugsystems" auf dem Luftfahrtsektor wurde in Paragraf 21, Absatz 3 ordentlich durch den Auftraggeber Bundesrepublik Deutschland geregelt. "Der Auftraggeber anerkennt, dass die darin enthaltenen Verpflichtungen ausschließlich durch die Unterauftragnehmer EADS und NGISSII (Northrop Grumman) erfüllt werden." Diese Zulassung und Prüfung war laut Vertrag eine eigenständige preislich festgeschriebene Zusatzleistung, für die Northrop Grumman 12,7 Millionen und EADS 11,4 Millionen Euro erhalten sollten.

Damit war das Problem aus der Sicht des Bundes offenbar vom Tisch. Über die Jahre hinweg wurden Zulassungsfragen ignoriert, bis hin zu dem Verweis, dass die europäischen Behörden ESA (Luftfahrt) und EDA (Verteidigung) über das Projekt Desire sich schon um die erfolgreiche Integration von Drohnen in den allgemeinen Luftverkehr kümmerten. Die Luftwaffe schwärmte von einem TÜV für UAS, der die allgemeine Verkehrsgenehmigung zu einem Kinderspiel mache. "Der Automatisierungsgrad in der Luftfahrt nimmt immer mehr zu", heißt es in der Euro-Hawk-Werbung.

Erst ein der Tagesschau vorliegender Brief eines Referatsleiters ließ die Alarmglocken schrillen. In dem Schreiben ist davon die Rede, dass bei der Entwicklung des Euro Hawk nach Qualitätsstandards vorgegangen wurde, die nicht den deutschen Standards entsprächen: "Die vorliegende Dokumentation und die derzeitigen Erkenntnisse lassen eine Musterzulassung nach den derzeit gültigen Normen nicht zu." Es dauerte indes noch acht Monate, bis die Reißleine gezogen wurde.

Nach offizieller Darstellung ist das Projekt kein vollständiger Tiefschlag. Schließlich wurde neben den Tests der Aufklärungsdrohne von der EADS-Tochter Cassidian das maßgeschneiderte SIGINT-Modul "Integrated Signals Intelligence System" (ISIS) entwickelt, mit dem entfernte Radarstationen aufgespürt und verdächtiger Funkverkehr mitgeschnitten werden soll, um in der Bodenstation dechiffriert werden zu können. ISIS könnte auch in pilotierte Flugzeuge eingebaut werden. Laut Euro-Hawk-Vertrag unterliegt die Zulassung und Prüfung dieses Moduls dem Auftraggeber – in Zusammenarbeit mit US-Regierungsvertretern. (anw)