Gericht: Zusätzliche GEZ-Gebühr für beruflich genutzten PC im Home-Office rechtswidrig

Werden für privat genutzte Empfangsgeräte Gebühren entrichtet, fällt ein in derselben Wohnung beruflich genutzter PC unter die Befreiung für Zweitgeräte. Eine gesonderte Gebühr dürfe die GEZ nicht erheben, entschied das Verwaltungsgericht Braunschweig.

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Ein von der Gebühreneinzugszentrale für Rundfunkgebühren (GEZ) für einen in der Privatwohnung beruflich genutzten PC ausgestellter Bescheid über eine Rundfunkgebühr zusätzlich zu bereits angemeldeten und bezahlten Privatgeräten ist rechtswidrig. Das hat das Verwaltungsgericht Braunschweig in einer Verwaltungsrechtssache am heutigen Mittwoch entschieden (Az. 4 A 149/07). Gegen das Urteil kann der NDR innerhalb von einem Monat Zulassung zur Berufung beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg beantragen.

Im vorliegenden Fall hatte Kläger Norbert Simon, der ein Einzelunternehmen von einem in der eigenen Wohnung liegenden Arbeitszimmer aus betreibt, seinen beruflich genutzten PC mit dem Hinweis angemeldet, dieser sei nicht gebührenpflichtig. Das sah die GEZ anders und schickte einen Gebührenbescheid inklusive Säumniszuschlag, gegen den Simon Widerspruch einlegte. Nachdem dieser von der GEZ zurückgewiesen worden war, klagte Simon gegen den zuständigen NDR.

Simon, der auch in der Interessengemeinschaft Rundfunkgebührenzahler Deutschland (RFGZ) aktiv ist, konnte sich mit seiner Argumentation vor Gericht durchsetzen. Seiner Ansicht nach ist auch ein beruflich genutzter PC als Zweitgerät von der Gebühr (5,52 Euro monatlich) befreit, wenn in der Wohnung weitere regulär angemeldete Empfangsgeräte vorhanden sind. Auch der Richter hält die im Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) festgeschriebene Regelung zur Gebührenpflicht in dieser Hinsicht für eindeutig und wies die Einwände des beklagten NDR als unzulässige Interpretation zurück.

Der NDR hatte vorgebracht, die Gebührenbefreiung für Zweitgeräte gelte für einen nicht ausschließlich privat genutzten PC nur dann, wenn bereits ein solcherart genutztes Gerät angemeldet sei. Das sei eine Interpretation, die der Wortlaut der Vorschrift nicht hergebe, befand dagegen das Gericht. In § 5 Abs. 3 RGebStV ist die Befreiung für Zweitgeräte geregelt. Darin heißt es, für "neuartige Rundfunkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich ist keine Rundfunkgebühr zu entrichten, wenn [...] andere Rundfunkempfangsgeräte dort zum Empfang bereitgehalten werden."

Der Hinweis auf "andere Rundfunkempfangsgeräte" bezieht sich nach Ansicht des Gerichts ausdrücklich auf alle Geräte – entgegen der Auslegung des NDR, nach der die Klausel nur für nicht ausschließlich privat eingesetzte PCs gelte. Auch die Gesetzesbegründung zum 8. Rundfunkgebührenstaatsvertrag enthält eine solche Eingrenzung nach Ansicht des Gerichts nicht. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber eine solche Auslegung klar zum Ausdruck gebracht hätte, so sie denn gewünscht sei – schließlich gehe es dabei auch "um erhebliche Einnahmen".

Weitere Argumente des Klägers zog das Gericht nicht zur Entscheidung heran, ließ aber ausdrücklich offen, ob der Klage nicht auch deshalb stattzugeben sei. Simon hatte unter anderem in Frage gestellt, ob die Sender überhaupt befugt seien, bestimmte Berufsgruppen abzukassieren und andere – etwa Beamte und Lehrer – von der Gebühr für einen beruflich genutzten Heim-PC zu befreien.

Die GEZ bestätigte auf Anfrage ihre Auffassung, dass beruflich genutzte PCs in der Privatwohnung gebührenpflichtig seien, auch wenn dort bereits angemeldete Geräte vorhanden sind. Zu dem am gestrigen Dienstag ergangenen Urteil wollte sich die Gebühreneinzugszentrale bisher nicht äußern. Auch eine Anfrage beim NDR blieb bisher unbeantwortet. Seit 2007 kassiert GEZ im Namen der öffentlich-rechtlichen Sender Rundfunkgebühren auch für den PC. Die Einführung der Gebührenregelung war heftig umstritten.

Wie viele Anwender von dem Urteil möglicherweise betroffen sind, ist schwer zu ermitteln. Die GEZ wies in ihrem Jahresbericht 2007 insgesamt 118.235 angemeldete "neuartige Empfangsgeräte" aus. Zahlen über beruflich genutzte Geräte in der Wohnung hatten die Kölner nicht. Einer jüngsten repräsentativen Umfrage des Branchenverbandes Bitkom zufolge nutzt 1 Prozent der befragten Bundesbürger den PC beruflich im Home-Office – das wären hochgerechnet rund 820.000 Menschen. (vbr)