Urteil: Brüssel darf Industrie an Geheimverhandlungen beteiligen

Der privilegierte Zugang von Wirtschaftsvertretern zu Verhandlungen eines Abkommens verstößt nicht gegen EU-Recht, entschied das EU-Gericht und wies eine Klage der um Transparenz bemühten Organisation CEO ab.

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Von
  • Monika Ermert

Der privilegierte Zugang von Wirtschaftsvertretern zu den Geheimverhandlungen eines Freihandelsabkommens verstößt nicht gegen EU-Recht. Das hat die 8. Kammer des Europäischen Gerichts am Freitag in Luxemburg entschieden und damit die Klage der Organisation Corporate Europe Observatory (CEO) abgewiesen.

CEO bemüht sich seit 2009 um Zugang zu Informationen über das geplante Freihandelsabkommen der EU mit Indien. Unter anderem hatte die Organisation von der Kommission während der Verhandlungen des Abkommens mit Indien die Herausgabe von Protokollen zahlreicher Treffen von Kommissionsbeamten und Industrievertretern gefordert, aber nur teilweise erhalten.

In ihrer 2011 angestrengten Klage hatte die Organisation auch den Standpunkt vertreten, eine fortgesetzte Geheimhaltung sei nicht zu rechtfertigen, wenn Dokumente an Verbände mit mehreren tausend Mitglieder weiter gegeben würden.

Die achte Kammer widersprach dem und folgte insgesamt der Argumentation der Kommission. Die Industrievertreter seien als „Experten“ in die Arbeiten zu dem Abkommen eingebunden. Vorab sei Stillschweigen vereinbart worden, auch wenn ausgetauschte Dokumente nicht offiziell als „geheim“ oder „vertraulich“ klassifiziert seien.

CEO hatte mit dem Verfahren auch die Arbeit der so genannten „Arbeitsgruppen zum Marktzugang“ beleuchten wollen. In diesen Gruppen treffen sich laut CEO Vertreter vom Kommission, Mitgliedsstaaten und Industrie, um über Freihandelsabkommen oder auch Gesetze in Drittländern zu sprechen. Für verschiedene Industriezweige gibt es jeweils eigene Gruppen. Die Öffentlichkeit erfährt über die Arbeit der Gruppen dagegen praktisch nichts.

CEO zeigte sich enttäuscht von dem Urteil. Die Entscheidung könne als Legitimation für mehr Geheimhaltung rund um die Verhandlung von Freihandelsabkommen gewertet werden, warnte die Organisation. CEO hat zwei Monate und zehn Tage Zeit, um Berufung beim Europäischen Gerichtshof einzulegen.

Auch das EU-Parlament beklagt die zunehmende Intransparenz bei Verhandlungen wie etwa beim umstrittenen Anti-Piraterieabkommen ACTA oder dem Abkommen über Flugpassagierdaten und Bankdatentransfers zwischen den USA und der EU. (vbr)