Der gedrehte Latsch
Die Zukunft des Reifens sehen Sie auf alten Bildern: Selbst in der Formel 1 waren die Pneus bis in die 1960er schmaler als manch aktuelle Serienbereifung. Es könnte sein, dass "schmal und hoch" bald wieder modern wird
- Florian Pillau
München, 10. Juni 2013 – Die Zukunft des Reifens sehen Sie auf alten Bildern: Selbst in der Formel 1 waren die Pneus bis in die 1960er schmaler als manche aktuelle Serienbereifung. Der erste serienmäßige schlauchlose Radialreifen Michelin X (Michelin/Citroën, 1946/49) hatte die Dimension 165-400. Das war nur unwesentlich breiter als die ersten Luftreifen, wie sie ab 1900 am Auto eingesetzt wurden. Und wenn wahr ist, was uns Gesetzgeber und Reifenindustrie angedeihen lassen wollen, steht uns wohl eine Art Renaissance im „Retro-Stil“ bevor: Schmal und hoch.
Fett ist chic - aber selten intelligent
Warum die Reifen heute so breit sind? Zum einen, weil unsere Autos in allen Klassen seit den 1960ern etwa doppelt so schwer geworden sind. Eine entsprechend höhere Tragfähigkeit macht die Pneus unabwendbar voluminöser. Das erklärt aber nur einen Teil der Reifenverfettung. Mindestens so wichtig wie eine gesteigerte Reifentragfähigkeit ist die Mode. Wir können es uns eben auch leisten, optisch sportlich im Niederquerschnitt daherzukommen – auch ohne praktische Gründe. Ich gebe zu, dass hier die Macht des Faktischen mit der Zeit sogar die Wahrnehmung verändert: Wenn ein BMW 5er aus den 1990er-Jahren mit einer an sich ja durchaus vernünftigen 75er Winterbereifung vorbeirollt, finde sogar ich die kleinen Räder mit so viel Gummi außenherum aufs erste Hinsehen inzwischen irgendwie komisch. Das Aussehen zählt und sowohl Reifenindustrie als auch die Fahrwerksentwicklung der Autobauer unterstützen uns dabei nach Kräften. Schließlich will man ja verkaufen.
Man kann von den Ingenieuren aber auch ganz Anderes hören: Praktische Vorteile breiter Reifen gebe es im Straßenbetrieb kaum, dafür eine Menge Nachteile.