ÖFIT: Das Internet ist Neuland, die digitale Wende steht an

In einem Fachgespräch unter dem Motto "Der Staat als Gestalter und Garant digitaler Infrastrukturen" nahmen Experten die Äußerung der Bundeskanzlerin zum "Internet als Neuland" beim Wort.

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Von
  • Detlef Borchers

In einem Fachgespräch hochrangiger Verwaltungsfachleute unter dem Motto "Der Staat als Gestalter und Garant digitaler Infrastrukturen" hat der im März gegründete Forschungscluster ÖFIT sein erstes White Paper über die öffentliche IT vorgestellt. Das Dokument gibt einen ersten Ausblick auf die Arbeit der 15 Wissenschaftler, die die "metakritische Infrastuktur" der öffentlichen IT begleiten wollen. Künftig sollen solche White Paper zweimonatlich erscheinen, dazu soll ein vierteljährlicher Trendbericht veröffentlicht werden, der als Kompass für staatliche Behörden und Verwaltungen gedacht ist.

Bundes-CIO Cornelia Rogall-Grothe würdigte als Financier des ÖFIT den Ansatz des neuen Forschungsclusters, die gesellschaftliche Relevanz öffentlicher IT zu prüfen. Wenn der Netzzugang von Bürgern als Teil der Daseinsfürsorge gesehen werde, müsse die Rolle des Staates von einem Bürger-Nutzer-Ansatz neu definiert werden. Für die kommende Legislaturperiode bedeute dies, einen umfassenden eGovernment-Plan zu entwickeln und aus den einzelnen Leuchtturmprojekten wie neuer Personalausweis und De-Mail eine gesamte Architektur zu formen, in der Staat, Kommunen und Bürger auf Augenhöhe miteinander kooperierten.

Jens Fromm

(Bild: Detlef Borchers)

Jens Fromm, der Leiter des ÖFIT, zitierte den Satz der Bundeskanzlerin Angela Merkel vom "Internet als Neuland" und freute sich, mit der Diskussion über notwendige oder unnötige staatliche Steuerungsmöglichkeiten die Verkehrsbedingungen im Neuland definieren zu können. Fromm zeigte anhand der Entwicklung des Stoppschildes von den Anfangen bis zur weltweiten verbindlichen Einigung, was im IT-Sektor zu leisten wäre. Immer gehe es dabei um die "Substituion realer Lebenswelten durch digitale funktionale Äquivalente".

Unter Verweis auf die bekannt gewordene Kompromittierung von Rechnernetzen durch die US-amerikanische National Security Agency erklärte Fromm, dass Bürger wie Staatsvertreter eine Diskussion darüber führen müssten, wo staatliche Steuerungsmöglichkeiten selbst gestoppt werden müssen. Sein Forschungscluster werde sich auch mit den Grenzen des Staates beschäftigen und auch den Mut haben müssen, Konferenzen zu "bad practices" abzuhalten. Sonst könne man nicht aus den Fehlern lernen, die man beim neuen Personalausweis oder der elektronischen Gesundheitskarte gemacht habe.

Moderator Philipp Müller von der Initiative D21 verglich den Beginn des ÖFIT mit dem Verfassungskonvent zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland und sprach von einem "Herrenchiemsee 2.0", mit dem quasi eine digitale Verfassung für das elektronische Leben entwickelt werde. Den "Neuland"-Satz von Angela Merkel interpretierte Müller als Aufforderung an alle Bürger, nun gemeinsam in 10 bis 30 Jahren eine "digitale Wende" zu vollziehen. Die Bundes-CIO Rogall-Grothe widersprach: Verfassungen dürften nicht eng ausgelegt werden, sondern müssten Raum für viele Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Dies sei mit dem deutschen Grundgesetz gegeben. (anw)