Angetestet: Der Kindle Touch

Amazon bringt die Touch-Modelle seines E-Book-Readers nach Deutschland. Gegenüber den Vorgängern ist die Weiterentwicklung schnell spürbar, nur der Verzicht auf die Seitentasten zum Umblättern senkt den Komfort.

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Amazons erster E-Book-Reader mit Touchbedienung ist seit dem heutigen Freitag in Deutschland verfügbar, sieben Tage vor dem ursprünglich genannten Termin. Der Kindle Touch mit WLAN-Modul kostet 129 Euro, der Kindle Touch 3G mit zusätzlichem UMTS-Modul 60 Euro mehr. Letzterer verbindet sich ohne Zusatzkosten in vielen Teilen der Welt per Mobilfunk mit dem Internet. Beide haben ein 6-Zoll-Display in E-Ink-Technik mit 800 × 600 Pixeln und 167 dpi.

Die wichtigste Neuerung gegenüber den bereits angebotenen Geräten Kindle und Kindle Keyboard ist die Touch-Erkennung: Man bedient den Reader fast ausschließlich per Tipp-, Wisch- und Zoom-Gesten. Er hat dementsprechend auch nur noch zwei mechanische Tasten, den Ein-/Aus-Schalter und die Startseiten-Taste (die mittig unter dem Display sitzt und auf den ersten Blick wie ein Lautsprecher aussieht). Die verschiedenen Bewegungsabläufe erklärt eine vorinstallierte Anleitung, sie gehen dann schnell in Fleisch und Blut über. Vor allem für Nutzer, die von einem der Vorgänger umsteigen, macht sich jedoch das Fehlen der mechanischen Tasten zum Umblättern bemerkbar, da das ständige Berühren des Bildschirms umständlicher und ermüdender ist.

Die Touch-Bereiche im Lesemodus

(Bild: Screenshot)

Tippt man nahe des oberen Rands auf den Text, öffnet sich die Funktionsleiste, wo sich unter anderem das Menü befindet. Ein Lesezeichen setzt man durch Tippen auf die rechte obere Ecke. Ein schmaler Bereich auf der linken Hälfte ist für das Zurückblättern reserviert; Berührungen oder Wischgesten auf der übrigen Fläche blättern weiter. Mit zwei Fingern lässt sich außerdem direkt beim Lesen die Schriftgröße ändern.

Längeres Drücken auf ein Wort markiert es und sucht es im Wörterbuch – unterstützte Sprachen sind Deutsch, Englisch (Britisch, US-Amerikanisch), Französisch, Spanisch, Portugiesisch und Italienisch, wobei der Anwender das benötigte Wörterbuch herunterladen muss. Diese gerade beim Lernen von Fremdsprachen nützliche Funktion ist somit wesentlich komfortabler nutzbar als auf den bisherigen Kindles.

Ein weiterer Vorteil zeigt sich bei PDFs: Ein gezoomtes PDF lässt sich in Echtzeit verschieben, wobei der Bildschirm schnell genug aktualisiert wird, um eine halbwegs flüssige Bewegung zu simulieren. DIN-A4-PDFs mit mehreren Spalten und kleiner Schrift lesen sich dennoch eher umständlich.

Per Funktionsleiste sind die aus den Vorgängern bekannten Einstellungsmöglichkeiten wie Schriftgröße, Schriftstil, Zeilenabstand und die Textbreite zu erreichen. Möglich ist außerdem der direkte Sprung zu zu einer bestimmten Position oder Seite, wobei viele E-Books Seitenzahlen noch nicht unterstützen, PDFs aber schon. Ist eine Texteingabe nötig, wird eine QWERTZ-Bildschirmtastatur eingeblendet, die zügiges Tippen erlaubt und Wortvorschläge macht (und anders als das Kindle Keyboard Umlaute hat).

Insgesamt geht die Steuerung flüssig von der Hand, das Gerät reagiert schnell und genau auf die Berührungen. Die Anbindung an Twitter oder Facebook ist von der Software vorgesehen, von Amazon aber für die deutschen Nutzer nicht freigegeben.

Im Unterschied zum Kindle hat der Kindle Touch einen 3,5-mm-Klinkenanschluss für Kopfhörer und zwei Lautsprecher. Damit lässt sich die Vorlesefunktion für englische Texte sowie der MP3-Player nutzen. Die Wiedergabe von Musik ist komfortabler als auf dem Kindle Keyboard, da das Menü Titel und Interpret sowie die Steuerungsfunktionen anzeigt. Noch immer spielt die Software aber alle Songs hintereinander ab, einzelne Alben oder Titel lassen sich nicht direkt anwählen.

Kindle Touch (7 Bilder)

Bequemes Markieren

Über die Touch-Steuerung lassen sich ganze Passagen komfortabel auswählen.

In einer gut gefüllten Bücherliste geht schnell die Übersicht verloren. Um das zu verhindern, kann man Unterordner, sogenannte Sammlungen, mit Büchern anlegen. Nachschub gibt es im sehr gut angebundenen Amazon-Shop. Hier bietet der Onlinehändler eine große Auswahl an deutschen und fremdsprachigen Büchern, nach Angaben von Amazon jeweils mehr als eine Million. Darüber bietet der Shop Zeitungen und Zeitschriften im Abo oder die aktuelle Ausgabe zum Direktkauf an. Die Auswahl ist mit insgesamt 21 sowohl deutsch- als auch fremdsprachigen Titeln aber nicht sehr groß. In Amazons Shop gibt es auch Hörbücher, die der Kindle Touch ebenfalls wiedergibt. Das lässt sich bequem über ein eigenes Menü steuern.

Das der E-Ink-Technik geschuldete Invertieren des Displays beim Umblättern lässt sich abschalten. Weiterhin unterstützt der Reader Kindles neues E-Book-Format KF8, das die Einbindung von Multimedia-Inhalten erleichtern soll, entsprechende Titel sind jedoch noch Mangelware. Für Nutzerinhalte stehen 3,2 GByte Speicher zur Verfügung, das reicht für jede Menge Lesestoff.

Insgesamt verbindet der Kindle Touch die Vorteile aus dem Kindle und dem Kindle Keyboard. Vom Kindle übernimmt er das deutsche Menü und vom Kindle Keyboard die Tonausgabe. Dem fügt er die bequeme und durchdachte Touch-Steuerung hinzu. Lediglich die fehlenden Seitentasten zum bequemen Umblättern trüben das Bild. (mho)