Europäische Adressverwaltung singt für IPv6

RIPE NCC unterstreicht mit einem Positionspapier die Notwendigkeit von IPv6, warnt in einem Video vor dem "Tag, an dem die Router sterben".

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Von
  • Monika Ermert

Alle fünf regionalen Internet Registries (RIRs) haben sich in den vergangenen Monaten zur Dringlichkeit bekannt, Internetdienste künftig auch über IPv6 verfügbar zu machen. Die europäische Adressvergabestelle RIPE veröffentlichte ihren Appell am vergangenen Freitag und unterstrich ihn dabei gleich mit einer eigenen Hymne, die möglicherweise das Zeug zum Hit hat – wenn auch vielleicht nur unter Nerds. Nach dem 1971 erschienenen Song "American Pie" von Don McLean malten Mitglieder der für den Satireblock bei RIPE-Konferenzen zuständigen "Geheimen Arbeitsgruppe" ein trauriges Bild vom Administrator ohne Internetadressen und Verbindung zur Welt – "the day the routers died".

Mit ihrem Aufruf vom Freitag wenden sich die RIPE-Mitglieder neben den ISPs auch an Unternehmen, die für neue Dienste und Produkte viele IP-Adressen benötigen. "Wir fordern all diejenigen, die einen hohen Bedarf an neuen Adressen haben, auf, IPv6 zu implementieren", heißt es in dem RIPE-Text. An die Regierungen ist der Appell gerichtet, "ihren Teil bei der Verbreitung von IPv6 beizutragen und dabei besonders sicherzustellen, dass alle Bürger an der künftigen Informationsgesellschaft teilhaben können. Die weite Verbreitung von IPv6 muss bei allen Interessengruppen Priorität bekommen".

Bereits 2011 könnten die RIRs die letzten der vorhandenen vier Milliarden IPv4-Adressressourcen aufbrauchen – früher als in den vergangenen Jahren angenommen wurde. Auch wer noch über ausreichend Ressourcen verfügt, sollte Dienste rasch in beiden Protokollen anbieten, da er sonst neue IPv6-only Kunden nicht mehr bedienen könne, warnen die RIRs. Obwohl die IP-Adressverwalter noch nicht von einem konkreten Stichtag sprechen, nach dem sie IPv4-Anfragen mit dem Hinweis "nicht mehr zu haben" beantworten, geistert der Vergleich mit der Jahr-2000-Umstellung immer wieder durch die Debatten. Zu lange mit der Umstellung, beziehungsweise den Vorbereitungen zu warten, könnte für Nachzügler teuer werden, die die Umstellung nicht zum Bestandteil ihrer normalen Innovationszyklen machen.

Bislang geht die Einführung des neuen Protokolls trotz der Verheißung gigantischer Adressreserven nur langsam voran, beklagt auch die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) in einem gerade veröffentlichten Kurzpapier (PDF-Datei). Ein Problem ist nach Ansicht der privaten Netzverwaltung, dass es noch viel Arbeit bei der Integration von IPv6 auf der Hardware der Endnutzer gibt, etwa auf den Milliarden im Markt befindlichen mobilen Endgeräten.

Was die Appelle der RIPE-Mitglieder und ihrer Kollegen in den nächsten Monaten bewirken und ob die Internet-Gemeinde die Umstellung ohne die Unterstützung von Regulatoren bewältigt, muss man abwarten. Für den Song über den "Tag, an dem die Router sterben" gab es immerhin schon mal stehende Ovationen. (Monika Ermert) / (vbr)