US-Berufungsgericht bestätigt hohe Filesharing-Strafe

Der US-Student Joel Tenenbaum soll 675.000 US-Dollar für die illegale Verbreitung von 30 Popsongs zahlen. Ein US-Berufungsgericht hat seinen Einspruch gegen das Urteil nun zurückgewiesen.

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Ein US-Berufungsgericht hat das Filesharing-Urteil gegen den Studenten Joel Tenenbaum in dieser Woche erneut bestätigt (Az. 12–2146 US Court of Appeals 1st Circuit). Tenenbaum war von einem US-Geschworenengericht im August 2009 wegen Urheberrechtsverstößen zu einer Gesamtstrafe von 675.000 US-Dollar (derzeit rund 517.000 Euro) verurteilt worden. Damit geht ein seit 2003 anhängiges Verfahren langsam auf die Zielgerade.

Dem College-Studenten wurde zur Last gelegt, 30 Musikstücke über das Filesharing-Netzwerk Kazaa heruntergeladen und weiterverteilt zu haben. Tenenbaum hatte dies im Prozessverlauf auch eingeräumt, sich dabei aber erfolglos auf eine "Fair Use"-Klausel im US-Urheberrecht berufen. Am Ende des international Aufsehen erregenden ersten Prozesses hatten die Geschworenen den Beklagten der mutwilligen Urheberrechtsverletzung für schuldig befunden und die Strafe auf 22.500 US-Dollar pro Musikstück festgesetzt (Az. 07-CV-11446-NG, USDC Massachusetts).

Die vorsitzende Richterin hatte die Strafe wegen verfassungsrechtlicher Bedenken anschließend deutlich auf insgesamt 67.500 US-Dollar gesenkt. Dieser Beschluss wurde in einer ersten Berufung wieder aufgehoben und das Verfahren zurück an die erste Instanz verwiesen. Das Bundesgericht bestätigte die ursprüngliche Höhe der Strafe und wies Tenenbaums Einsprüche zurück, der wiederum erneut vor die Berufungsinstanz zog.

In der Zwischenzeit hatte Tenenbaum zudem erfolglos versucht, seinen Fall vor den US Supreme Court zu bringen. Das höchste amerikanische Gericht könnte allerdings doch noch einmal zum Schauplatz des Verfahrens werden, wenn der Beklagte wie angekündigt weiter gegen seine Verurteilung vorgeht und alle anderen rechtlichen Möglichkeiten erschöpft sind.

[Update: Zunächst wolle Tenenbaum eine erneute Anhörung vor der großen Kammer des Berufungsgerichts erreichen, teilte sein Verteidiger Charles Nesson auf Anfrage mit. Anschließend sei auch eine erneute Berufung beim Suprem Court möglich.]

Das Verfahren geht zurück auf eine der berüchtigten Massenklagen, die der Verband der US-Musikindustrie (RIAA) etwa zwischen 2003 und 2008 gegen anonyme Filesharer angestrengt hatte. Tenenbaum wurde als einer der Filesharer identifiziert und 2007 von der Musikindustrie verklagt. Im Laufe des Verfahrens sah sich sogar die US-Regierung genötigt, Stellung für das Urheberrecht zu beziehen.

Der Prozess hatte auch international Aufsehen erregt – auch wegen der nach Beobachtermeinung eigentümlichen Strategie von Verteidiger Charles Nesson, einem Jura-Professor der Universität Harvard. Der Prozess gegen Tenenbaum ist einer der ersten und bisher einzigen beiden, die wegen eines Filesharing-Vergehens durch mehrere Instanzen geführt wurden. In dem anderen Verfahren wehrt sich die US-Bürgerin Jammie Thomas-Rasset bisher ebenfalls erfolglos gegen eine Strafe von 222.000 US-Dollar. (vbr)