PRISM-Whistleblower Snowden: Antrag auf Asyl in Deutschland

Der von den USA gesuchte PRISM-Whistleblower und ehemalige NSA-Mitarbeiter Edward Snowden hat auch einen Asylantrag für Deutschland gestellt, berichtet Wikileaks. Mit seinem Heimatland geht Snowden hart ins Gericht.

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  • dpa

Der PRISM-Whistleblower Edward Snowden geht mit der US-Regierung wegen ihres Vorgehens gegen ihn scharf ins Gericht.

(Bild: dpa, Guardian/Glenn Greenwald/Laura Poitras)

Der von den USA wegen Verrats   gesuchte PRISM-Whistleblower und Ex-Geheimdienstmann Edward Snowden hat nach Angaben der Enthüllungsplattform Wikileaks auch einen Antrag auf Asyl in Deutschland gestellt. Dies geht aus einer am Dienstag in Internet veröffentlichten Auflistung hervor. Die Anträge seien einem Beamten des russischen Konsulats am Moskauer Flughafen Scheretmetjewo übergeben worden und sollen den entsprechenden Botschaften in Moskau weitergeleitet werden.

Nach dieser Aufstellung sucht Snowden Asyl außer in Ecuador und Island in Österreich, Bolivien, Brasilien, China, Kuba, Finnland, Frankreich, Deutschland, Indien, Italien, Irland, Niederlande, Nicaragua, Norwegen, Polen, Russland, Spanien, der Schweiz und Venezuela.

Laut Wikileaks erhebt er außerdem schwere Vorwürfe gegen sein Heimatland. In einer mit seinem Namen unterzeichneten Mitteilung beklagte Snowden in der Nacht zum Dienstag, dass die USA ihm sein "Menschenrecht" nehmen wollten, Asyl in anderen Ländern zu beantragen. Obwohl er keiner Straftat schuldig gesprochen worden sei, habe man seinen Reisepass für ungültig erklärt, heißt es in dem Schreiben. Die US-Regierung habe nun eine neue Strategie und benutze die "Staatsbürgerschaft als Waffe".

Der auf Wikileaks veröffentlichte Text gilt als erste öffentliche Äußerung Snowdens seit seiner Flucht aus Hongkong nach Moskau vor rund einer Woche. Snowden warf US-Präsident Barack Obama danach "Täuschung" vor. Obwohl der Präsident öffentlich diplomatische Mauscheleien über seinen Fall abgelehnt habe, übe die US-Regierung Druck auf Länder auf, sein Asylbegehren abzulehnen.

Der russische Präsident Wladimir Putin bot ihm am Montag nur unter Bedingungen Zuflucht an: Snowden müsse aufhören, den USA mit seinen Enthüllungen Schaden zuzufügen. Seit mehr als einer Woche hielt sich der 30-Jährige im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo auf.

Für die Obama-Regierung erweist sich der Fall Snowden immer mehr als diplomatisches Desaster. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reagierte sichtlich verärgert auf die mutmaßlichen Spionageaktionen der USA in Deutschland und Europa. Sie forderte von Obama rasche Aufklärung. Die Kanzlerin werde die Affäre zur Chefsache machen und "in nächster Zeit" mit Obama telefonieren, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Wenn sich bestätige, dass der US-Geheimdienst NSA diplomatische Vertretungen der EU und europäischer Länder ausgespäht habe, "dann müssen wir ganz klar sagen: Abhören von Freunden, das ist inakzeptabel", sagte Seibert. "Wir sind nicht mehr im Kalten Krieg." Auch Bundespräsident Joachim Gauck und andere EU-Staaten forderten Aufklärung.

Obama selbst sagte während seiner Afrikareise in Tansania, man werde die Verbündeten "angemessen unterrichten". In Bezug auf Deutschland fügte Obama hinzu: "Wenn ich wissen will, was Kanzlerin Merkel denkt, dann rufe ich Kanzlerin Merkel an (...) letztlich arbeiten wir so eng zusammen, dass es fast keine Informationen gibt, die wir nicht zwischen unseren Ländern teilen". Obama bestätigte, dass die USA und Russland auf hoher Ebene über eine Auslieferung Snowdens verhandelten.

Schon bei Obamas Besuch vor zwei Wochen in Berlin waren erste Berichte über Ausspäh-Aktivitäten der USA Thema gewesen. Damals hatte Obama Transparenz zugesagt. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" hat die NSA nicht nur in EU-Gebäuden Wanzen installiert, sondern auch die Bundesregierung ausgeforscht. Die EU-Kommission ordnete aktuelle Sicherheitskontrollen von Büros, Telefonanlagen und Computernetzen an.

US-Außenminister John Kerry bezeichnete das Sammeln von Informationen in anderen Ländern als "nichts Ungewöhnliches". "Jedes Land, das sich international mit Fragen der nationalen Sicherheit befasst, unternimmt jede Menge Aktivitäten, um seine nationale Sicherheit zu schützen, und dazu gehört (das Sammeln) von allen möglichen Informationen", sagte Kerry. (jk)