Krise in der Solarbranche: Conergy meldet Insolvenz an

Die Serie der Hiobsbotschaften aus der Solarbranche reißt nicht ab. Der einstiege Börsenstar Conergy muss den Gang zum Insolvenzrichter antreten. Das Unternehmen gibt den Banken die Schuld.

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  • dpa

Die Solarkrise fordert ihr nächstes Opfer: Das Hamburger Unternehmen Conergy hat am Freitag beim Amtsgericht Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Das teilte das Solarunternehmen mit, das rund 1200 Mitarbeiter beschäftigt. Aus Sicht des Vorstands haben vor allem die Banken Conergy in die Bredouille gebracht. Der Vorstand habe ein Zukunftskonzept vorgelegt. Doch die Geldhäuser hätten sich nicht darauf einigen können.

Der aktuelle Grund ist den Angaben zufolge allerdings eine unerwartete Zahlungsverzögerung aus einem Großprojekt. Zwei deutsche Töchter seien daher zahlungsunfähig. Der Konzern sei überschuldet, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Damit sei die positive Fortführungsprognose entfallen, erklärte das Unternehmen.

Vorstandschef Philip Comberg kritisierte die Banken deutlich. In den vergangenen 15 Monaten habe das Conergy-Management zwei konkrete Vorschläge für den Einstieg eines strategischen Investors bei den Gläubigern vorgelegt. Doch diese hätten sich untereinander nicht verständigen können. Dabei hätten neun von zehn Kreditgebern grundsätzlich ihre Zustimmung signalisiert. Conergy bedauere es sehr, dass die Kreditgeber keine "verlässliche Einigung über eine zeitnahe Umsetzung erzielen konnten" sagte Comberg. Bei den möglichen Investoren soll es sich dem Vernehmen nach um einen Finanzinvestor sowie ein Unternehmen aus Asien gehandelt haben.

Die letzten Hoffnungen ruhen nun auf dem Insolvenzverfahren. Conergy gab sich zuversichtlich, dass dabei ein Investor gefunden wird, der den Geschäftsbetrieb weiterführt. "Wir werden den vorläufigen Insolvenzverwalter bei Gesprächen mit potenziellen Investoren sowie Conergys Gläubigern unterstützen", sagte Comberg.

Betroffen von der Insolvenz des Konzerns sind alle wichtigen deutschen Tochtergesellschaften. Dazu gehören auch die Modulfertigung in Frankfurt an der Oder mit allein gut 320 Beschäftigten und der Gestellhersteller MountingSystems mit rund 200 Mitarbeitern in Rangsdorf südlich von Berlin.

An der Börse war Conergy schon lange tief gefallen. In den vergangenen fünf Jahren verlor der einstige Börsenstar mehr als 99 Prozent an Wert und ist damit nach Daten der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz einer der größten Kapitalvernichter in Deutschland. Am Freitag ging es nach dem Insolvenzantrag weiter abwärts. Am Vormittag verlor die Aktie fast 70 Prozent vom Vortageswert auf 10 Cent.

Conergy kämpft seit langem ums Überleben. Schon 2007 stand das Unternehmen vor dem Aus. Der Ökostrom-Pionier hatte sich von Wind über Solar bis zu Biomasse auf praktisch alle Formen der erneuerbaren Energien gestürzt und sich damit völlig verhoben. Der letzte Gewinn stand 2005 in den Büchern.

Das Unternehmen mit einst rund 2500 Beschäftigten durchlief ein hartes Umbauprogramm, trennte sich von zahlreichen Randbereichen und konzentrierte sich voll auf das Solargeschäft. Als 2011 eine für die Aktionäre schmerzhafte Umschuldung gelang, schien das der Befreiungsschlag zu sein.

Die Strategie des Unternehmens galt als aussichtsreich, sich statt auf eine eigene Produktion im Solar-Bereich stärker auf den Vertrieb und die Planung von Anlagen zu konzentrieren. So reduzierte Conergy im vergangenen Jahr trotz des massiven Preisverfalls in der Branche seine Verluste. Zuletzt wollte das Unternehmen vor allem im Großkraftwerksbereich wachsen. Doch dafür erhielt es nicht mehr genügend Geld.

Für die Handelskammer Hamburg ist die frühere Förderpolitik für erneuerbare Energien mitverantwortlich für die Conergy-Krise. "Die Verhältnisse auf dem deutschen Markt waren sehr bequem", sagte der Geschäftsführer für Innovation und Umwelt, Ulrich Brehmer. Durch das Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) seien hohe Vergütungszusagen gemacht worden, was den Innovationsdruck im Inland gesenkt habe. (anw)