Kuba denkt über ADSL nach, Handys werden langsam mehr

Der staatliche Telecom-Betreiber ETECSA prüft die Einführung von ADSL. Vielleicht werden solche Anschlüsse schon ab dem vierten Quartal des kommenden Jahres angeboten

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Am heutigen Sonntag wird Kubas Staatschef Raúl Castro Ruz die Schlussrede der zweitägigen Sitzung seines Parlaments halten. Das Parlament, offiziell "Nationalversammlung der Volksmacht", tritt nur zweimal im Jahr zusammen und hat in der Realität nur geringen Einfluss auf politische Entscheidungen. Oppositionelle Abgeordnete gibt es nicht und ausländische Journalisten sind nicht zugelassen. Beobachter erwarten, dass Raúl Castro über Wirtschafts- und Sozialreformen sprechen wird. Bereits vorab wurde in dem Land laut über die behutsame Einführung privater Internetzugänge nachgedacht.

Vor fünf Wochen wurden 118 Internetzentren eröffnet. Diese verfügen über jeweils drei bis sechs Computer, die sich eine Internetanbindung von mindestens 512 kBit/s teilen. WLAN gibt es dort nicht. Die Nutzung ist aber nicht billig: Surfen im kubanischen Intranet kostet 0,60 CUC (konvertible Peso) pro Stunde, E-Mail-Zugang schlägt mit 1,50 CUC zu Buche und wer gar ausländische Webseiten aufrufen möchte muss 4,50 CUC pro Stunde auf den Tisch legen. Das Durchschnittseinkommen liegt um die 20 CUC pro Monat.

Datenverbindung in Privathaushalten gibt es bisher nur für bestimmte Gruppen, etwa Mediziner, Künstler, Journalisten und Wissenschaftler. Sie können dann über eine Wählleitungsverbindung bestimmte Webseiten oder Datenbanken aufrufen.

Der staatliche Telecom-Betreiber ETECSA prüft aber die Einführung von ADSL. Vielleicht werden solche Anschlüsse schon ab dem vierten Quartal des kommenden Jahres angeboten, ließ ein ETECSA-Manager Ende Juni wissen. Und der stellvertretende Kommunikationsminister Wilfredo González Vidal sagte Ende Mai in einem Interview mit der Parteizeitung Granma, dass auch die Einführung von WLAN-Hotspots sowie einem Datendienst im Mobilfunknetz diskutiert werde. Vorrang habe aber der Ausbau der öffentlichen Zugangspunkte.

Der stellvertretende Minister berichtete auch von Plänen, die lokale Softwareentwicklung zu stärken, um bessere Programme mit besserem Support bieten zu können. Ziel sind dabei auch größere Unabhängigkeit und mehr Sicherheit. Die kubanische Regierung will eines Tages auch digitale Dienstleistungen für den Export anbieten.

Langsam nimmt auch die Verbreitung privater Mobiltelefone auf der Insel zu. Bis Jahresende soll es rund zwei Millionen Mobilfunk-Anschlüsse geben. Dies hat die Chefin der Mobilfunksparte von ETESCA, Hilda Arias, Ende Juni im kubanischen Fernsehen mitgeteilt. Das Mobilfunk-Netz nutzt den GSM-Standard im 900-MHz-Band und ermöglicht Sprachverbindungen sowie SMS-Versand.

Mitte 2010 waren auf der Insel demnach eine Millionen Mobiltelefone in Betrieb, derzeit sollen es mehr als 1,75 Millionen sein. Bei gut elf Millionen Einwohnern dürfte es also bald ein Handy für jeden sechsten Einwohner geben. Für 2018 rechnet ETESCA mit fünf Millionen Mobilfunkanschlüssen.

Zu dieser Entwicklung haben verschiedene Faktoren beigetragen: Seit 2008 erlauben die USA ihren Bürgern, kubanischen Verwandten Mobiltelefone zu schenken. Zudem sind einfache GSM-Handys in den vergangenen Jahren deutlich günstiger geworden. Gefallen sind auch die Kosten auf Kuba selbst. Zum Beispiel ist die Aktivierungsgebühr von einst 111 CUC auf nunmehr 30 CU reduziert worden. Und Kubaner, die Gespräche auf ihrem Handy entgegennehmen, müssen nur noch zahlen, wenn der Anruf aus dem kubanischen Festnetz kommt. Für netzinterne Telefonate von Handy zu Handy sowie Anrufe aus dem Ausland zahlt nur noch der Anrufer. (anw)