Microsoft baut um

Mit der Betreffzeile "One Microsoft" hat sich Microsoft-Chef Steve Ballmer heute per Mail an seine Belegschaft gewandt, um umfangreiche Umstrukturierungen bekannt zu geben. Künftig sollen alle Produkte in nur noch vier Sparten eingeteilt werden.

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Von
  • Hajo Schulz

Microsoft will keine Software-Company mehr sein, sondern sieht sich als Anbieter von Geräten und Diensten. Das ist spätestens seit der Aktionärsversammlung im vergangenen November offizielle Firmenpolitik und soll sich nun auch in der Zusammensetzung des Führungsteams niederschlagen. Die hat Microsoft-Chef Steve Ballmer heute in einer E-Mail an die komplette Belegschaft vorgestellt. In dem 2700 Wörter umfassenden Schreiben, das umfangreiche Umstrukturierungen ankündigt, kommt das Wort "Software" bezeichnenderweise nur ein einziges Mal vor – und das, um zu beschreiben, was Microsoft früher geliefert hat.

In einem Umfeld, das sich durch immer kürzere Produktzyklen auszeichne, sei es zunehmend wichtiger, als "One Microsoft", also als ein Unternehmen mit einer gemeinsamen Strategie aufzutreten, statt sich in verschiedenen Abteilungen in unterschiedliche Richtungen zu entwickeln, konstatiert Ballmer. Marketing, Werbung und jegliche Kundenkommunikation solle so gestaltet sein, dass sie das Bild einer einzigen Firma mit einer integrierten Betrachtungsweise des Marktes vermittle.

Das soll sich auch in der Organisation der Produktentwicklung niederschlagen: Die besteht künftig nur noch aus den vier Bereichen Betriebssysteme, Hardware, Anwendungen und Cloud. Die Betriebssysteme für sämtliche Plattformen von der Spielkonsole über Smartphones und Tablets bis hin zu PCs und Servern übernimmt eine von Terry Myerson geleitete Gruppe; er war bislang für Windows Phone zuständig. Die Entwicklung von Hardware-Produkten wird mit der von Spielen und anderen Unterhaltungsmedien zusammengelegt und von Julie Larson-Green, bisher Chefin der Windows-Gruppe, geleitet. Qi Lu, bis dato Chef der Online Services Division, wird Leiter der Abteilung "Application and Services Engineering", die sich um Anwendungen und Dienste wie Office, Exchange oder Bing kümmern soll. Um alles, was in den Bereich Back-End gehört, also Datenbanken, Angebote für Rechenzentren, Entwicklungswerkzeuge sowie der Betrieb der Microsoft-eigenen Cloud-Infrastruktur, kümmert sich künftig Satya Nadella, bislang Chef von Microsofts Server-Sparte.

Zusätzlich zu den vier Produktgruppen sollen in Zukunft bei größeren Initiativen und Neuentwicklungen zusätzliche, abteilungsübergreifende Teams entstehen, die sich aus Mitgliedern aller Produktgruppen zusammensetzen und deren "Champions" direkt an Ballmer berichten sollen.

Die unter "Microsoft Dynamics" firmierenden Business-Anwendungen verbleiben in einer eigenen Produktgruppe, deren Chef nach wie vor Kirill Tatarinov ist, die aber verstärkt an die anderen Direktoren berichten soll. Die "Advanced Strategy and Research Group", zu der unter anderem Microsofts Forschungsabteilung gehört, bleibt in der Hand von Eric Rudder, der diese Aufgabe Ende letzten Jahres von Craig Mundie übernommen hatte.

Eine neu geschaffene und vom bisherigen Skype-Chef Tony Bates geleitete "Business Development and Evangelism Group" soll künftig die Partnerschaften mit OEMs, Chip-Herstellern und wichtigen Entwicklern sowie die Beziehungen zu Firmen wie Yahoo oder Nokia pflegen. In dieser Abteilung sollen auch die Entwickler- und Plattform-Evangelisten unterkommen sowie Pläne zur strategischen Unternehmensentwicklung erarbeitet werden.

In den anderen Microsoft-Abteilungen wie Marketing, Operations, Finanzen, Recht und Personal bleibt mehr oder weniger alles beim Alten. Aus der Führungsmannschaft ausscheiden werden Kurt DelBene, der zuletzt für die Office-Produkte verantwortlich war, und der bisherige Chef der Sparte "Interactive Entertainmant Business", Don Mattrick. Die Neuorganisation soll bis Ende 2013 abgeschlossen sein. (hos)