PRISM: Streit über Friedrichs US-Mission

Innenminister Friedrich steht nach der USA-Reise mit dem Rücken zur Wand – es hagelt Kritik der Opposition. Der SPD-Kanzlerkandidat nimmt sich allerdings bereits Kanzlerin Merkel wegen der Ausspähvorwürfe vor und wirft ihr Verletzung des Amtseids vor.

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Von
  • Kerstin Münstermann
  • dpa

Wenn einer eine Reise tut, hat er normalerweise viel zu erzählen. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich kam dazu allerdings nach seinem Kurztrip in die USA noch nicht so recht. Der CSU-Politiker will an diesem Mittwoch die Bundestagsgremien über seine Erkenntnisse zur möglichen millionenfachen Ausspähung von Deutschen durch den US-Geheimdienst NSA informieren. Doch schon am Wochenende hagelte es von der Opposition Kritik und Häme an der Mission. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück nutzte die Vorlage nun, um die Kanzlerin, die bislang gegen Kritik immun scheint, hart anzugehen.

Der SPD-Herausforderer bezichtigte CDU-Chefin Angela Merkel in der Bild am Sonntag, in der Ausspähaffäre ihren Amtseid verletzt zu haben – ein schwerer Vorwurf. Der vom Kanzleramt koordinierte Bundesnachrichtendienst habe wissen können und wissen müssen, dass Grundrechte in Deutschland verletzt wurden, begründete Steinbrück die Vorhaltung. "Frau Merkel hat als Kanzlerin den Amtseid geschworen, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden. Jetzt kommt heraus, dass Grundrechte der deutschen Bürger massiv verletzt wurden. Also: Schaden vom Volke abzuwenden – das stelle ich mir anders vor." Unter Merkel und ihrem Geheimdienstkoordinator, Kanzleramtsminister Ronald Pofalla, sei ein riesiger Schaden fürs deutsche Volk entstanden, legte Steinbrück dar.

Die Kanzlerin ging auf den Vorwurf am Sonntag in der ARD nicht direkt ein. Vielmehr forderte sie die USA deutlich auf, bei Geheimdienstaktionen in Deutschland das deutsche Recht zu beachten. Hier erwarte sie "klare Zusagen". Vorhaltungen, sie wolle die Verantwortung in der Affäre auf Pofalla abwälzen, nannte sie abwegig. "Wir sind alle als Bundesregierung doch gemeinsam verantwortlich gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern."

Friedrich hatte am Freitag nach seinen Treffen gesagt, die Amerikaner hätten zugesichert, künftig besser über die Erkenntnisse ihrer Geheimdienste Auskunft zu geben. Auch gebe es keine Bestätigung, dass deutsche Behörden von amerikanischer Seite abgehört wurden. Eben so wenig habe es Industriespionage gegen deutsche Unternehmen gegeben.

Der Innenminister machte geltend, dass die Hinweise der NSA auch in Deutschland terroristische Anschläge verhindert hätten – ein "edler Zweck", wie er sagte. Die klare Zusage, dass amerikanische Stellen in Deutschland nicht gegen deutsches Recht verstoßen haben, blieb jedoch aus. Merkel stellte sich am Sonntag nun schützend vor ihren Innenminister. "Ich finde es ein wichtiges Zeichen, dass Präsident Obama auch gesagt hat, dass diese Deklassifizierung von Akten, an die wir bis jetzt überhaupt nicht herangekommen sind, stattfindet."

Die Opposition schimpfte trotzdem, und zwar heftig. "Blanker Hohn", "Luftnummer", "Desaster": Der Innen-Ressortchef habe sich mit belanglosen Äußerungen und angeblichen Zugeständnissen abspeisen lassen – der ganze Besuch sei eine Farce, hieß es bei SPD, Linken und Grünen übereinstimmend. Friedrich selbst war eigentlich recht zufrieden aus den USA zurückgekehrt; schließlich hatte er neben Justizminister Eric Holder auch Vizepräsident Joe Biden gesprochen. Er wies dann auch die Anwürfe prompt als unsinnig zurück. Doch spätestens am Mittwoch, wenn er den Bundestagsgremien Rede und Antwort steht, wird er sich wieder damit beschäftigen müssen. (anw)