Videoüberwachung in Niedersachsen und Bremen nimmt zu

Tausende Kameras beobachten in Niedersachsen und Bremen den öffentlichen Raum. Vor allem wegen zunehmender privater Videoüberwachung schlagen Datenschützer Alarm.

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Von
  • Nico Pointner
  • dpa

Das Ausmaß der Videoüberwachung in Niedersachsen und Bremen nimmt zu. In den meisten Ballungsgebieten gehören Kameras an öffentlichen Plätzen mittlerweile zum Alltag, wie eine dpa-Umfrage ergab. Datenschützer warnen vor einer rasanten Zunahme der Überwachung vor allem im privaten Bereich, zum Beispiel in Unternehmen oder Geschäften. "Da es immer billiger wird, gehe ich davon aus, dass die Überwachung in allen Bereichen zunehmen wird", mahnte der niedersächsische Landesbeauftragte für den Datenschutz, Joachim Wahlbrink.

Die Polizei Hannover filmt mit 78 Kameras Straßen, Gebäude und Plätze im Stadtgebiet und der Region. Aufgezeichnet und mehrere Stunden gespeichert werden die Daten unter anderem von den Kameras am Ägidientorplatz und am Hauptbahnhof. In der Stadt Bremen sind insgesamt an 107 Standorten Überwachungskameras installiert. Vier davon sind von der Polizei, der Rest filmt öffentliche Einrichtungen wie Behörden, Schulen oder Kliniken. Die Stadt Bremen hat rund 550.000 Einwohner – damit kommt auf 5140 Einwohner eine Kamera im öffentlichen Raum. In Bremerhaven wird nach Angabe der Stadt lediglich der Verkehr auf einer Bundesstraße aufgezeichnet.

In Oldenburg filmt die Polizei den Busbahnhof am Lappan und in der Langen Straße. "Für die Überwachung brauchen wir eine Eingriffsermächtigung, die ist bei beiden Kriminalitätsschwerpunkten gegeben", sagte der Leiter der Innenstadtwache, Norbert Münch. In Braunschweig hat die Polizei vier Kameras installiert, seit mehreren Jahren wird in der Löwenstadt unter anderem am Wallplatz gefilmt. "Dort gibt es mehrere Diskotheken und öfter mal Schlägereien", sagte ein Polizeisprecher. "Die Kollegen sehen gleich, wenn sich was zusammenballt, und können schnell reagieren." Auch in Osnabrück setzt die Polizei seit drei Jahren auf jeweils zwei Kameras am Bahnhofsvorplatz und am Busbahnhof am Neumarkt. "Wir haben dort seitdem einen leichten Rückgang der Straftaten", sagte eine Sprecherin der Osnabrücker Polizei.

Beim Betrieb der Kameras verstoßen laut einer Studie des niedersächsischen Landesdatenschutzbeauftragten aus dem Jahr 2010 aber fast alle Behörden und Kommunen massiv gegen den Datenschutz. Damals boten 99 Prozent von gut 3300 überprüften Geräten Anlass zur Kritik. Auch drei Jahre später bestünden zahlreiche Mängel fort, kritisiert Niedersachsens oberster Datenschützer Wahlbrink: "Die Polizei Hannover ist zum Beispiel in etlichen Bereichen noch im Hintertreffen." So seien Hunderte Kameras zur Verkehrslenkung im Einsatz. "Das ist zwar vernünftig, aber wie lange sind sie an? Und wie lange werden die Aufzeichnungen gespeichert?" fragte Wahlbrink.

Neben der öffentlichen Überwachung warnen Datenschützer besonders vor der rasant ansteigenden Überwachung aus privater Hand. Das genaue Ausmaß ist nicht bekannt, weil private Kameras nicht meldepflichtig sind. "Jeder kann in den Baumarkt gehen und eine Kamera installieren, ohne dass wir es mitbekommen", sagte Christian Lüttgau, Referatsleiter beim Niedersächsischen Datenschutzbeauftragten. "Aber wir liegen sicher im Bereich von zehntausenden Kameras, das ist ein Massenphänomen und ein Massenproblem." Nach Schätzung Lüttgaus darf mindestens die Hälfte der installierten Kameras aus Datenschutzgründen nicht betrieben werden. (anw)