China und EU legen Solarstreit bei

Der Kompromiss, den China und die EU ausgehandelt haben, soll europäische Hersteller vor Billigkonkurrenz aus China schützen. Ziel verfehlt, meint allerdings die Brancheninitiative EU ProSun.

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  • dpa

China und die Europäische Union haben ihren Handelsstreit über chinesische Solarimporte beigelegt. Nach einem wochenlangen Tauziehen einigten sich beide Seiten auf Mindestpreise für Importe chinesischer Solarprodukte in die EU, wie EU-Handelskommissar Karel De Gucht mitteilte. Auch eine Mengenbegrenzung soll es geben. Für Waren unter dem Mindestpreis und über die vereinbarte Menge hinweg will die EU demnächst erhöhte Strafzölle verlangen.

De Gucht sprach von einer "freundschaftlichen Lösung". Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) zeigte sich erfreut. Der Branchenverband EU ProSun will hingegen vor Gericht ziehen. In den nächsten zehn Tagen will die Brüsseler Behörde den Kompromiss offiziell beschließen, nach Beratungen mit den EU-Staaten.

Nach Angaben von Diplomaten soll ein Mindestpreis von 56 Cent pro Watt gelten. Die Gesamtmenge der chinesischen Importe an Solarpaneelen in die EU soll gedeckelt werden, und zwar umgerechnet in Leistung auf sieben Gigawatt pro Jahr. Etwa 90 Firmen dürften sich laut EU-Kommission auf diese Bedingungen einlassen, das entspreche 60 Prozent der in der EU durch Solarpaneele erzeugten Leistung.

Für Einfuhren unter dem Mindestpreis oder über die verhandelte Höchstmenge hinaus werden ab dem 6. August verschärfte Strafzölle fällig. Diese höheren Strafzölle liegen in einer Spanne zwischen 37,2 und 67,9 Prozent, wie EU-Handelskommissar De Gucht am 6. Juni erklärt hatte.

Der Kompromiss zeige die "pragmatische und flexible Haltung beider Seiten", sagte der Sprecher des chinesischen Handelsministeriums, Shen Dayang. Die Einigung fördere "offene, kooperative, stabile und nachhaltige Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen China und der EU", zitierte ihn die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua.

Empört reagierte die Brancheninitiative EU ProSun. Präsident Milan Nitzschke, nannte den Kompromiss rechtswidrig und einen "Skandal", gegen den europäische Solarunternehmen vor dem Gerichtshof der EU in Luxemburg vorgehen wollten. "Die EU-Kommission ist China soweit entgegengekommen, das sie den Boden des europäischen Handelsrechts verlassen hat", sagte Nitzschke. Er warf der EU vor, sie habe sich von China erpressen und vorführen lassen.

Er erwarte durch den Kompromiss keine Linderung der Schädigung der europäischen und deutschen Solarindustrie. Die jetzt festgelegten Preise liegen aus seiner Sicht weiterhin auf Dumpingpreisniveau. "Wir gehen davon aus, dass das Verhandlungsergebnis daher binnen kurzer Frist wieder korrigiert werden muss", betonte Nitzschke. Die Initiative EU ProSun, die 40 Solarunternehmen in Europa vertritt, hatte vor einem Jahr Dumpingbeschwerde in Brüssel eingelegt und so den Streit angestoßen.

Anfang Juni hatte die EU-Kommission bereits vorläufige Strafzölle von 11,8 Prozent verhängt. Angesichts der Billig-Konkurrenz aus China seien 25.000 Arbeitsplätze in der kriselnden europäischen Solarbranche in akuter Gefahr, hatte die Brüsseler Behörde argumentiert. Durch staatliche Unterstützung in China könnten die dortigen Unternehmen ihre Produkte unter Herstellungswert in der EU verkaufen. Die Größenordnung des Falls ist ungewöhnlich: Die Einfuhren haben einen Marktwert von geschätzt 21 Milliarden Euro pro Jahr.

"Wir sind zuversichtlich, dass diese Preisverpflichtung den europäischen Solarpaneel-Markt stabilisieren und den Schaden beseitigen wird, der der europäischen Industrie durch die Dumping-Praktiken entstanden ist", erklärte De Gucht nun. Der Kompromiss werde "zu einem neuen Gleichgewicht auf dem europäischen Markt für Solarpaneele und zu einem stabilen Preisniveau führen".

Bundeswirtschaftsminister Rösler gab sich zufrieden: "Es ist gut, dass jetzt ein Vorschlag für einen Kompromiss vorliegt", sagte er. "Wir haben immer darauf hingewiesen, dass eine Verhandlungslösung besser ist als ein Konflikt, der den Wirtschaftsbeziehungen insgesamt schaden würde." Er hoffe, dass der Streit nun schnell zu einem einvernehmlichen Abschluss gebracht werde.

Die Einigung erfolgte nur zehn Tage vor Ablauf der Frist am 6. August. Dann sollten die EU-Strafzölle auf durchschnittlich 47,6 Prozent steigen. (jk)