Siemens-Chef Löscher wehrt sich gegen Ablösung

High Noon bei Siemens: Peter Löscher werde nur dann nachgeben und seinen Posten räumen, wenn auch der Aufsichtsratsvorsitzende Gerhard Cromme zurücktrete, heißt es. Löscher mache für einen Rauswurf vor allem Cromme verantwortlich und beklage ein Komplott.

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  • dpa

Der noch amtierende Siemens-Chef Peter Löscher (hier bei der Grundsteinlgung zur neuen Siemens-Konzernzentrale) will nicht alleine geschasst werden und beklagt ein Komplott des Aufsichtsratsvorsitzenden Gerhard Cromme.

Siemens-Chef Peter Löscher wehrt sich nach Informationen der Süddeutschen Zeitung gegen seine Ablösung. Er werde nur dann nachgeben und seinen Posten räumen, wenn auch der Aufsichtsratsvorsitzende Gerhard Cromme zurücktrete, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Konzernkreise. Ansonsten wolle er es auf eine Kampfabstimmung in der Sitzung des Kontrollgremiums am Mittwoch ankommen lassen. Löscher mache für einen Rauswurf vor allem Cromme verantwortlich und beklage ein Komplott. Ein Unternehmenssprecher wollte den Bericht nicht kommentieren.

Nach einer Serie von Rückschlägen bei Siemens hatte der Aufsichtsrat am Wochenende die Notbremse gezogen und die Entlassung von Konzernchef Peter Löscher beschlossen. Die Aufseher verständigten sich nach Marathon-Beratungen mehrheitlich auf die Absetzung Löschers und auf die Berufung von Finanzvorstand Joe Kaeser als Nachfolger, wie aus gut informierten Kreisen verlautete. Löscher war nach zahlreichen Misserfolgen bei Deutschlands größtem Elektrokonzern zunehmend in Bedrängnis geraten. Höhepunkt der Pannen-Serie war die zweite Gewinnwarnung bei Siemens in nicht einmal drei Monaten am vergangenen Donnerstag.

Formell müssen die Personalien bei der nächsten regulären Sitzung des Gremiums am kommenden Mittwoch (31. Juli) noch beschlossen werden. Am späten Samstagabend hatte Siemens aber bereits bekanntgegeben, dass ein Wechsel an der Vorstandsspitze anstehe und am Mittwoch beschlossen werden solle. Der 55 Jahre alte Österreicher Löscher führte den Konzern seit 2007. Erst vor zwei Jahren war sein Vertrag vorzeitig um fünf Jahre bis 2017 verlängert worden.

Für Siemens würde die Ära Löscher teuer enden. Nach seinem Abgang winkt dem Österreicher nämlich eine millionenschwere Abfindung. Wie sich aus dem Geschäftsbericht des Elektrokonzerns ergibt, stehen Vorstandsmitgliedern bei einer vorzeitigen Beendigung ihrer Tätigkeit maximal zwei Jahresvergütungen zu. Insgesamt dürften sich die Zahlungen demnach auf rund 9 Millionen Euro summieren. Bei Siemens hieß es dazu am Sonntag, die Zusagen stünden im Einklang mit den Corporate-Governance-Regeln für gute Unternehmensführung.

Noch am Freitag hatte Löscher wissen lassen, dass er nicht kampflos aufgeben will. "Mir bläst jetzt der Wind ins Gesicht, aber es war noch nie meine Art, aufzugeben oder schnell die Segel zu streichen", sagte der Manager der Süddeutschen Zeitung. Und weiter: "Ich habe einen Vertrag bis 2017, und gerade jetzt ist der Kapitän bei Siemens mehr gefragt denn je."

Cromme, der nach seinem Rückzug als Chefaufseher beim Stahlkonzern ThyssenKrupp selbst als geschwächt gilt, hatte den ehemaligen Pharma-Manager Löscher 2007 an die Siemens-Spitze geholt. Damals steckte der Elektrokonzern wegen des milliardenschweren Schmiergeld-Skandals tief in der Krise. Ruhig und professionell räumte Löscher bei Siemens auf und baute den Konzern um. Doch er kämpfte auch immer wieder mit Problemen wie zuletzt mit der Konjunkturflaute, einer nachlassenden Wachstumsdynamik in Schwellenländern wie China sowie teuren, hausgemachten Projektpannen. Dazu gehören die verspätete Lieferung von ICE-Zügen an die Deutsche Bahn und Verzögerungen bei der Anbindung von Nordsee-Windparks.

Richtig eng wurde es für Löscher aber mit der zweiten Gewinnwarnung in nicht einmal drei Monaten am vergangenen Donnerstag. Siemens hatte bekanntgegeben, dass die für 2014 angepeilte operative Ergebnismarge - also der Anteil des Gewinns am Umsatz - von mindestens zwölf Prozent voraussichtlich nicht erreicht werde. Die neuerliche Hiobsbotschaft verschreckte die Börsen und ließen die Siemens-Aktie abstürzen. Als sich dann am Freitag die Hinweise auf eine mögliche Ablösung Löschers verdichteten, zogen die Papiere wieder kräftig an.

[Update 29.07.2013 11:59]:

Die Aufsichtsratssitzung am Mittwoch bei Siemens dürfte noch für einige Spannung sorgen, da ein Machtkampf um die Ablösung von Peter Löscher wahrscheinlich ist. Mittlerweile hat Löscher zumindest den Bericht zurückgewiesen, er fordere im Gegenzug für sein Ausscheiden den Abgang von Aufsichtsratschef Gerhard Cromme. "Es geht mir ausschließlich um das Wohl von Siemens und der 370.000 Siemensianer, die zurecht stolz auf ihr Unternehmen sind", sagte Löscher der "Bild"-Zeitung. Ein Siemens-Sprecher erklärte, es stimme nicht, dass Löscher seinen Vorstandsposten nur dann räumen wolle, wenn zugleich auch Cromme das Kontrollgremium verlasse. (jk)