Britischer Pornofilter könnte auch andere Inhalte zensieren

Britische Bürgerrechtler wittern den ersten Schritt zur Zensur: Der landesweite Online-Pornofilter könnte sich auf weitaus mehr als nur erotische Inhalte erstrecken.

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Der britische Netzfilter für pornographische Inhalte könnte sich noch auf weitaus mehr als nur erotische Angebote beziehen. Das will die Bürgerrechtsgruppe Open Rights Group auf Anfrage an nichtgenannte britische Provider in Erfahrung gebracht haben. Die Gruppe führt ein Beispiel für eine Filterabfrage an, die neben Pornographie auch die Blockade von gewalttätigen oder terroristischen Inhalten umfasst, ja sogar von Websiten, auf denen es um Tools zur Umgehung von Webblockaden geht.

Mehr als nur Pornos: So könnte die Filterabfrage laut Open Rights Group aussehen.

(Bild: Open Rights Group)

Die Filteroptionen sollen allerdings erst auf die Bejahung der Frage, ob man Filterung wünsche oder nicht, auswählbar sein. Diese Abfragen sollen laut der Ankündigung von Premierminister David Cameron bei Einrichtung einer neuen Internetverbindung ab Ende dieses Jahres erfolgen, alle Bestandskunden sollen ab Ende nächsten Jahres von ihren Providern befragt werden. Auf ein Ja könnte dann laut Open Rights Group ein Dialog mit rund 10 Checkboxen folgen, bei denen man sich die unerwünschten Inhalte aussuchen kann – unter anderem auch extremistischen Content, Webseiten, die mit Ess-Störungen oder Selbstmord zu tun haben, mit Alkohol, Tabakkonsum und Esoterik, ferner Webforen sowie alles, was mit Tools zur Umgehung von Webblockaden zu tun hat.

Diese relativ unscharfen Kriterien würden natürlich große Spielräume lassen, weshalb die Gruppe argumentiert, dass es darum gehe, "die Leute in die Zensur schlafwandeln zu lassen". Allerdings ist noch unklar, ob die tatsächlichen Abfragen der Provider eine solche Form haben werden. Die Gruppe gibt an, sich unter anderem an den Filterkategorien von Mobilfunk-Providern orientiert zu haben.

Mit 8,5 Prozent aller Klicks für "Adult content" liegt Großbritannien auf dem dritten Rang. Spitzenreiter ist Deutschland.

(Bild: Similarweb)

Selbst wenn sich Großbritanniens Filter nur auf Pornos beschränken sollten, würde damit ein übrigens ein nicht unerheblicher Teil des Netzverkehrs im Land beschnitten. Laut Daten der israelischen Online-Marktforscher Similarweb sollen sich in Großbritannien rund 8,5 Prozent aller Klicks auf erotische Inhalte richten, womit sich die Briten etwas über den gemessenen Weltdurchschnitt von 7,65 Prozent bewegen.

Damit werden britische Pornoklicks nur noch von denen auf Suchmaschinen (rund 15 Prozent) sowie Klicks in der Kategorie „Kunst und Unterhaltung“ (9 Prozent) übertroffen – wobei letztere wohl vor allem dank des Video-Portals Youtube so prominent ist. Spitzenreiter unter den Online-Porno guckenden Nationen ist laut Similarweb übrigens Deutschland: Hier sollen 12,5 Prozent aller Klicks auf eindeutige Inhalte entfallen.

Ebenfalls für Diskussionen sorgte, dass "Homesafe", das Filtersystem des britischen Providers TalkTalk durch den Telekommunikationsausrüster Huawei betrieben wird. Premier Cameron äußerte sich laut Meldung der BBC lobend über das System – dabei hatte der Geheimdienstausschuss des britischen Parlaments das chinesische Unternehmen erst kürzlich in einem Bericht verdächtigt, neben kommerziellen auch politische Interessen im Sinne Chinas zu verfolgen.

Anfang vergangener Woche hatte Cameron die Pornofilter in einer Rede vorgestellt. Er rechtfertigte die Maßnahme unter anderem mit dem Kinderschutz und sprach gleichzeitig davon, härter gegen Kinderpornographie und deren Onlineverbreitung vorgehen zu wollen. Von der Zensur anderer Inhalte sprach er in dem Zusammenhang nicht. (axk)