Friedrich: Ausmaß der NSA-Spähaffäre wird übertrieben

Die Überwachungsskandal des amerikanischen Nachrichtendienstes NSA erregt weiter die Gemüter. Der Bundesinnenminister hält die Ängste für übertrieben. Die Menschen sollten sich nicht verunsichern lassen.

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Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sieht völlig falsche Vorstellungen vom Ausmaß der NSA-Spähaffäre. Derzeit gebe es in der öffentlichen Diskussion die Vorstellung, "da säßen irgendwo Tausende von Amerikanern und würden unsere Mails lesen und unsere Telefone abhören", sagte Friedrich laut dpa am Montag bei einer Sicherheitskonferenz mit sächsischen Unternehmern in Riesa. "Das ist eine völlig unsinnige Vorstellung, was man da den Leuten erzählt."

Der IT-Spezialist und frühere NSA-Mitarbeiter Edward Snowden, der die Ausspähaffäre Anfang Juni ausgelöst hatte, gab allerdings in einem Interview mit dem Guardian Gegenteiliges zu Protokoll: Snwoden hatte etwa bekräftigt, als NSA-Analyst sehr wohl zielgerichtet Personen überwachen zu können, auch den US-Präsidenten. Dazu bräuchte er nur eine persönliche E-Mail-Adresse. Ende Juni gab es außerdem Berichte, wonach die NSA bereits eingestanden habe, dass Tausende Analysten wie Snowden eine solche Überwachung einleiten können. Die Einschränkungen sind laut Snowden nur politischer Natur, technisch gebe es keine Hindernisse.

Friedrich erklärte nun auf der Sicherheitskonferenz, Ziel der geheimdienstlichen Überwachung sei eine strategische Aufklärung. "Es geht darum, dass wir weltweit Netzwerke von Organisierter Kriminalität und Terrorismus haben und diese Netzwerke in irgendeiner Form aufgeklärt werden müssen." Dies sei überlebenswichtig für die Sicherheit in Europa. In Bezug auf die Arbeit der deutschen Geheimdienste hatte der für deren Kontrolle zuständige Kanzleramtsminister Pofalla vergangene Woche auf ähnliche Weise zu beschwichtigen versucht.

Nach den Worten von Friedrich filtern die Nachrichtendienste die Kommunikation lediglich. Im Widerspruch zu den Ausführungen Snowdens behauptete Friedrich, eine "personenscharfe" Aufklärung sei technisch nicht möglich. Es gehe beispielsweise um Telefonnummern potenzieller Terroristen in Ländern wie Somalia, Mali oder Pakistan. Man müsse auch über diejenigen Bescheid wissen, die von Berlin aus mit diesen Telefonnummern kommunizierten. Deshalb bitte er darum, sich nicht verunsichern zu lassen.

Friedrich zufolge haben sich etwa 1000 junge Menschen aus Europa in Syrien dem Dschihad – dem Heiligen Krieg – angeschlossen. Sie ließen sich an Waffen und Sprengstoff ausbilden. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis sie wieder zurückkehren – mit dem klaren Auftrag, den Dschihad auch in Deutschland und Europa zu führen.

Friedrich zeigte sich auch überzeugt davon, dass die Amerikaner über Spähprogramme keine Industriespionage betreiben. Das sei die "ganz klare Ansage der Amerikaner". Friedrich (CSU) hatte sich am 12. Juli in den USA über die Aktivitäten des Geheimdienstes NSA informiert. Nach seiner Reise verteidigte er den Einsatz von Überwachungsprogrammen. NSA-Informationen hätten Terror-Anschläge in Deutschland verhindert, argumentierte der Minister. Der

Friedrich war am Montag in Begleitung von Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) nach Riesa gekommen, wo de Maizière seinen Wahlkreis hat. Friedrich riet den Unternehmen, ihre Sicherheitskonzepte zum Schutz der Geschäftsgeheimnisse regelmäßig zu erneuern. "Das ist wie beim Joghurt. Es gibt auch für Sicherheitseinrichtungen ein Ablaufdatum, und dann müssen Sie erneuern." (mho)