Kritiker prangern Einfluss der Industrie auf EU-Gesetzgebung an

Die EU-Kommission lässt sich nach Auffassung von Kritikern bei ihrer Gesetzgebung zu sehr von Industrie-Fachleuten leiten. Die Behörde wies die Vorwürfe zurück.

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  • dpa

Die EU-Kommission lässt sich nach Auffassung von Kritikern bei ihrer Gesetzgebung zu sehr von Industrie-Fachleuten leiten. Die Brüsseler Behörde sollte deshalb einige ihrer Expertengruppen auflösen, forderte die Organisation Alter-EU (Alliance for Lobbying Transparency and Ethics Regulation) am Dienstag in Brüssel. Die kritisierte Kommission wies die Vorwürfe zurück.

Alter-EU hatte 44 der rund 1200 Expertengruppen unter die Lupe genommen. Fast zwei Drittel aller untersuchten Kommissionsgremien seien unausgewogen besetzt, kritisierte der Dachverband von 160 Vereinigungen in Europa, der sich der Beobachtung von Lobby-Gruppen widmet. Nur in 32 Prozent der Gruppen verträten deren Mitglieder eine "breite Spanne von Interessen". In jeder vierten untersuchten Gruppe hätten Industrievertreter mehr als die Hälfte aller Sitze. "Diese Gruppen sollten im öffentlichen Interesse arbeiten, aber offensichtlich wird einigen erlaubt, ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen voranzutreiben", sagte der Autor der Untersuchung, Yiorgos Vassalos. Alter-EU rügte auch mangelnde Angaben der Kommission über die Gruppen.

Sprecher der Brüsseler Behörde wiesen die Kritik zurück. In etwa zwei Drittel aller Expertengruppens der Kommission säßen ohnehin nur Vertreter der 27 Mitgliedstaaten, sagte eine Sprecherin. Insgesamt liege der Anteil von Industrievertretern in den zuletzt 1192 Gruppen bei rund 20 Prozent. Das sei auch ganz normal, weil es in diesen Gremien häufig um technische oder wirtschaftliche Fragen gehe. Die Kommission war nicht in der Lage zu sagen, wie viele Experten insgesamt für sie tätig sind und welche Kosten dies verursacht. Die Teilnehmer bekämen ihre Kosten erstattet, hieß es lediglich. Eine Liste aller Fachleute oder der vertretenen Interessengruppen solle bis zum Sommer vorliegen. An dieser Liste arbeitet die Behörde nach eigenen Angaben bereits seit 2005.

In manchen Fällen scheine die Kommission nicht einmal zu wissen, ob eine bestimmte Expertengruppe existiert oder nicht, sagte Paul de Clerck von der Umweltorganisation Friends of the Earth Europe. "Das offenbart eine erschreckende Haltung zu Transparenz und öffentlicher Verantwortung im Gesetzgebungsprozess", meinte de Clerck. (dpa) / (jk)