Chefs haben Angst vorm Urteil der Mitarbeiter

Mitarbeiterbefragungen sind zwar als Management-Instrument sehr beliebt, doch die wirklich interessanten Fragen werden oftmals gar nicht gestellt.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Sechs von zehn Unternehmen verzichten darauf, ihre Führungskräfte durch die eigenen Mitarbeiter bewerten zu lassen. Das zeigt die aktuelle Studie "Einfluss des HR-Managements auf den Unternehmenserfolg" der Personalberatung Rochus Mummert. Demnach gehören Mitarbeiterbefragungen zwar zu den beliebtesten Managementinstrumenten, allerdings werden dabei oft die falschen Fragen gestellt. Und die Unternehmen, die ihr Management schon mal durch die Mitarbeiter bewerten ließen, haben offenbar keine Lust auf eine Wiederholung: bei rund 40 Prozent von ihnen liegt die Befragung bereits zwei oder sogar noch mehr Jahre zurück.

Doch eine Befragung, die die unangenehmen, aber für die Mitarbeiter vermutlich besonders wichtigen Themen einfach ignoriert oder nur sporadisch abfragt, können sich die Unternehmen genauso gut komplett schenken, so die Personalberater. Denn zum einen liefert sie keine relevanten Informationen, zum anderen wird sie von den Mitarbeitern nicht ernst genommen.

Doch gerade wenn es um den Erhalt des Mitarbeiterengagements und die dauerhafte Bindung von wichtigen Arbeitnehmern geht, sind solche Umfragen ausgesprochen wichtig. Denn sie geben den Mitarbeitern das Gefühl, wirklich eingebunden und gehört zu werden. Hier ein paar Tipps, wie Sie die Mitarbeiterbefragung so durchführen, dass sie die gewünschten positiven Effekte hat und Ihnen wichtige Informationen liefert.

Kurze Abstände: Führen Sie Mitarbeiterbefragungen mindestens alle zwei Jahre, besser noch jährlich durch. Denn nur dann bekommen Sie einen echten Einblick in "Seele" des Unternehmens und haben Vergleichsdaten, mit denen Sie die Entwicklung bzw. positive und negative Veränderungen verfolgen können.

Vom Anfang bis zum Ende: Entwickeln Sie spezielle Fragebögen für die Mitarbeiter, die neu ins Unternehmen kommen bzw. es demnächst verlassen werden. So bekommen Sie auch einen Eindruck, mit welchen Erwartungen und Zielen die Arbeitnehmer ins Unternehmen einsteigen und mit welchem Eindruck sie es wieder verlassen.

Experten einbinden: Lassen Sie externe Experten die Mitarbeiterbefragung durchführen. Wird sie von der eigenen Personalabteilung oder gar vom Management durchgeführt und ausgewertet, ist in Bezug auf ehrliche Antworten bei den Mitarbeitern eine gewisse Hemmschwelle vorhanden. Außerdem wird es sicher Stimmen in der Belegschaft geben, die eine "Schönrechnerei" der Ergebnisse unterstellen. Und es besteht die Gefahr, dass unangenehme Themen – bewusst oder unbewusst – erst gar nicht abgefragt werden. Ein externer Dienstleister wickelt die Geschichte sachlicher ab.

Legen Sie den Finger in die Wunde: Fragen Sie nicht nur die Standardfragen zur Mitarbeiterzufriedenheit (Gehalt, Kommunikation, Stimmung, Weiterbildung etc.) ab. Versuchen Sie die Quellen für Unzufriedenheit und Konflikte gezielt aufzudecken. Messen Sie auch die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen und fragen Sie nach dem Vertrauen, dass die Arbeitnehmer in die Unternehmensleitung haben.

Bewertung der Vorgesetzten: Lassen Sie die Mitarbeiter ihre direkten Vorgesetzten und die Unternehmensleitung bewerten. Wenn Sie nicht genau wissen, welche Fragen Sie stellen sollen, hilft es, sich Folgendes vor Augen zu führen: welche Fähigkeiten und Eigenschaften erwarten Sie selbst von dem Abteilungsleiter? Dann lassen Sie doch genau die von den Mitarbeitern benoten, ebenso wie das Verhalten des Chefs im Allgemeinen. Und fragen Sie nach, ob und welche Abteilungsziele von dem Vorgesetzten vermittelt werden. Wäre doch schön zu wissen, ob sie mit den Vorgaben des Unternehmens übereinstimmen bzw. überhaupt etwas davon bei den Angestellten angekommen ist.

Freie Zeilen: Vergessen Sie auf keinen Fall, den Mitarbeitern auch noch Raum für eigene Ideen, Verbesserungsvorschläge und Fragen an die Unternehmensleitung zu lassen. Letztere sollten dann natürlich auch beantwortet werden.

Leiten Sie Maßnahmen daraus ab: damit die Ergebnisse Ihr Unternehmen wirklich weiterbringen, müssen daraus echte Maßnahmen entstehen. Das ist die größte Herausforderung, ein Großteil der Unternehmen schafft diese Ableitung nicht. (masi)