Deutsche Solarbranche trotz China-Kompromiss unter Druck

Insolvenzen, Arbeitsplatzverluste, Konkurrenz aus Übersee: Deutschlands Solarbranche kämpft an vielen Fronten. Hinzu kommen sinkende staatliche Förderungen – und bei manchen auch Unzufriedenheit über den Kompromiss im Dumping-Streit mit China.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Georg Ismar
  • Martina Herzog
  • dpa

Der Handelskrieg ist ausgeblieben: Nach monatelangen Spannungen haben die EU und China jüngst ihren Streit um Billigimporte chinesischer Solarpaneele beigelegt. Mindestpreise und hohe Strafzölle schützen damit aus Brüsseler Sicht Europas Hersteller vor unfairer Konkurrenz aus Fernost. Auf weitere Strafmaßnahmen, diesmal wegen möglicher Staatshilfe für chinesische Paneele-Hersteller, verzichtete die EU-Kommission am Mittwoch erst einmal.

Während die Politik aufatmet, klagt Europas Solarbranche über die Krise. Denn staatliche Fördermittel sinken – und ein Teil der Industrie stellt die Anti-Dumping-Vereinbarung mit China als zu lasch infrage. Der Chef des größten deutschen Solarmodulherstellers Solarworld sprach am Mittwoch gar von "Panda-Kissing". Trotz drei Rekordjahren beim Zubau an Solaranlagen hat es in Deutschland reihenweise Insolvenzen mit dem Verlust Tausender Arbeitsplätze gegeben. Besonders in Ostdeutschland sind viele Menschen in der Branche beschäftigt, hier gab es die meisten Insolvenzen.

Statt zum Jobmotor zu werden, könnten deutsche Solarfirmen von der Bildfläche verschwinden, bevor auch international ein echter Boom entstehen kann. Gerade in den südeuropäischen Krisenländern wie Italien und Spanien mussten Solar-Subventionen wegen der Euro-Krise gedeckelt werden. So fehlen bisher neue, große Absatzmärkte. Zwar wurden allein von 2010 bis 2012 über 22.000 Megawatt an neuer Solarleistung installiert. Doch dabei wurden zuletzt überwiegend China-Module verbaut.

Für jede Kilowattstunde gibt es auf 20 Jahre garantiert festgelegte Vergütungen. Per Ökostrom-Umlage wird die Differenz zwischen dem an der Strombörse für den Solarstrom erzielten Preis und der festen Vergütung auf die Strompreise aufgeschlagen. 2013 fallen hier rund zehn Milliarden Euro Umlage nur für den Solarstrom an, was indirekt auch Chinas Solarfirmen mitfinanziert. Doch durch den Solarboom sahen sich Bund und Länder zu wiederholten Förderkürzungen gezwungen. So gab es früher über 50 Cent pro Kilowattstunde, nun gibt es bei einer bestimmten Zubaumenge automatische Kürzungen, bei 52.000 Megawatt installierter Leistung gibt es für neue Solaranlagen gar keine Förderung mehr.

Da die angefallenen Vergütungen zwei Jahrzehnte bezahlt werden müssen, belastet dies dauerhaft stark die Strompreise. Besonders die Industrie wird mit massiven Rabatten bei der Umlage bedacht. Aber nach Befreiungen von Netzentgelten für große Stromverbraucher könnten auch diese Rabatte auf Druck der EU-Kommission gekappt werden. Die Behörde hat in beiden Fällen den Verdacht, die deutschen Regelungen könnten ein Fall von unerlaubter staatlicher Beihilfe sein. Sollte die Kommission dies bestätigt sehen, kann sie am Ende auch die Rückzahlung von Geldern verlangen – denn nicht nur China muss sich bei möglichen Stützungen seiner Industrie von Brüssel auf die Finger schauen lassen.

Nach Ansicht der Brancheninitiative EU ProSun hat es die EU-Kommission zumindest bei der Anti-Dumping-Vereinbarung mit China an Ehrgeiz fehlen lassen, der vereinbarte Mindestpreis von 56 Cent pro Watt lasse weiterhin Raum für unlautere Konkurrenz. EU-Handelskommissar Karel De Gucht kennt solche Einwände – und betonte dennoch Ende Juli: "Europa wird auch in Zukunft weiterhin in beträchtlichem Ausmaß auf Solarpaneel-Importe angewiesen sein." (axk)