Deutscher Rechenzentrumsbetreiber spürt kaum Auswirkungen des NSA-Skandals

Der Frankfurter Rechenzentrumsbetreiber Interxion erwartet infolge der Abhördebatte kaum negative Konsequenzen auf sein Geschäft. Firmenchef Peter Knapp hofft jedoch auf eine Diskussion über notwendige Sicherheitsmaßnahmen.

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Von
  • Hermann Wygoda

Die Aufregung um die Abhörpraktiken der Geheimdienste ist groß, in der Praxis werden aber kaum Auswirkungen auf die Internetwirtschaft zu erwarten sein, glaubt zumindest Peter Knapp, Geschäftsführer des Frankfurter Anbieters von Rechenzentrumsflächen Interxion. Das Unternehmen gehört zu den größten Anbietern von Rechenzentrums- und Colocation-Dienstleistungen in Europa. In seinen Frankfurter Rechenzentren befindet sich auch das De-CIX, der – bezogen auf den Daten-Durchsatz – größte Internet-Austauschknoten der Welt.

Die Debatte um die Abhörskandale beeinflusst das Geschäft mit Internetverbindungen nach Knapps Beobachtung nicht. Im Gespräch mit heise online wies er darauf hin, die gesamte Wirtschaft, aber auch Privatpersonen seien inzwischen so sehr auf die digitalen Dienstleistungen angewiesen, dass "niemand sich heute ernsthaft vorstellen kann, auf E-Mails oder auf sein Smartphone zu verzichten". Zu den Diskussionen um mögliche Abhöraktivitäten der NSA wollte Knapp sich nicht äußern. Auf dem Interxion-Campus jedenfalls bemühe man sich, "die Sicherheit für die Rechner unserer Kunden so hoch wie nur irgend möglich zu organisieren". Für das, was möglicherweise außerhalb des Campus geschieht "sind dann die Betreiber der großen Netze zuständig".

Nach Knapps Ansicht könnte "diese Diskussion jedoch auch als Investitionsbeschleuniger wirken". Die IT-Sicherheit habe selbst bei großen Unternehmen bisher noch nicht den notwendigen Stellenwert. "Man war oft überrascht, auch von Unternehmen, von denen man es nicht angenommen hätte, zu lesen, dass sie ein Sicherheitsproblem in ihrer IT-Infrastruktur hatten", sagte Knapp. Zudem wisse niemand, wie viele offene Angriffslöcher gar nicht erst öffentlich bekannt wurden. Der Interxion-Geschäftsführer sieht jetzt die Chance, dass dieser vernachlässigte Bereich "endlich aus der Debatte allein unter IT-Spezialisten herauskommt und sich jeder Nutzer darüber Gedanken macht, ob er alles für die Sicherheit seiner Daten unternimmt". Nicht zuletzt, unterstrich Knapp, könne jetzt vielleicht auch "die Stunde der Verschlüsselungstechnologie geschlagen haben, die zwar schon vor vielen Jahren immer wieder propagiert wurde, die jedoch leider nie ernst genommen wurde". Vermutlich würden Verschlüsselungs-Programme, die, in den vergangenen Jahren aufgrund ihrer Komplexität nicht angewendet wurden, "durch die laufende Abhör-Debatte auch für den Nutzer einfach gestaltet werden".

Während E-Mail-Dienstleister wie Lavabit offenbar unter dem Druck der US-Behörden ihren Service einstellen, deuten die von der Deutschen Telekom und United Internet vorgeschlagenen Maßnahmen zur E-Mail-Verschlüsselung in die von Knapp genannte Richtung – auch wenn Aktivisten wie Netzpolitik.org die Ankündigungen als reine Marketing-Kampagne abtun. Interxion will unterdessen weitere 30 Millionen Euro in den Ausbau seiner Rechenzentrumskapazitäten in Frankfurt investieren. (map)