Crowdfunding für das Gesundheitswesen

PayPal-Mitbegründer Max Levchin über sein neues Start-up Glow, das Paaren mit mobiler Technik hilft, schwanger zu werden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Rachel Metz

PayPal-Mitbegründer Max Levchin über sein neues Start-up Glow, das Paaren mit mobiler Technik hilft, schwanger zu werden.

Eigentlich kennt man Levchin nur als Gründer von Firmen wie PayPal oder Slide. Nun hat der Technikexperte zusammen mit seinem Partner Mike Huang eine iPhone-App auf den Markt gebracht, die Paaren helfen soll, Kinder zu zeigen. Die Glow genannte Software erfasst dazu möglichst viele Daten – sei es nun die persönliche Stimmung, die Sexstellung beim letzten Zeugungsversuch oder die Morgentemperatur der Frau.

Mit all diesen Informationen sollen sich dann die optimalen Bedingungen errechnen lassen, unter denen es zu einer erfolgreichen Schwangerschaft kommt. Dazu werden die Daten zahlreicher Nutzer sowie medizinische Modelle kombiniert. Im Gespräch mit Technology Review erläutert der Levchin, wie das genau funktionieren soll.

Technology Review: Herr Levchin, warum haben Sie ausgerechnet eine App geschaffen, die Paaren helfen soll, schwanger zu werden?

Max Levchin: Wir kamen auf das Problem der Unfruchtbarkeit, weil sie ein Bereich ist, der von der traditionellen Krankenversicherung in den USA nicht abgedeckt wird. Das Gesundheitssystem funktioniert hier nicht optimal, die Kosten sind zu hoch. Es geht uns also nicht nur darum, den Menschen zu helfen, Babys auf die Welt zu bringen, auch wenn das ein nobles Ziel ist – wir wollen das Gesundheitssystem verändern.

Deshalb bieten wir innerhalb von Glow auch noch ein Programm namens "Glow First" an, das eine Art Gesundheitsfonds auf Gegenseitigkeit darstellt. Wer bis zu zehn Monate lang pro Monat 50 Dollar einzahlt und nicht schwanger wird, erhält eine anteilige Summe aus dem Fonds nach diesen 10 Monaten – beigetragen von allen, egal ob sie schwanger wurden oder nicht. Das Geld geht dann an einen Fortpflanzungsmediziner, der den Betroffenen helfen kann. Man könnte also sagen, dass wir eine Art Crowdfunding für Babys veranstalten. Das Langzeitziel ist, diesen Ansatz auf viele andere Bereiche im Gesundheitswesen auszudehnen.

TR: Hinter Glow steckt aber auch jede Menge Technik. Wie können Algorithmen aus dem Bereich des maschinellen Lernens eine Schwangerschaft herbeiführen helfen?

Levchin: Wir versuchen, rein mathematisch gesprochen, eine Funktion vorherzusagen, die relativ gut erforscht ist. Es gibt eine ausreichend große Breite an medizinischer Literatur, die wir nutzen können, um einige grundlegende Annahmen aufzustellen. Wir wissen aber auch, dass die Mehrzahl dieser Studien die Erfahrung eines virtuellen Durchschnittspaares widerspiegelt – für Spezialfälle sind sie natürlich nicht gut genug abgestimmt.

Deshalb beginnen wir nur mit diesen Basisdaten und ergänzen sie dann mit den Echtzeitinformationen der Nutzer. Wir haben bereits Informationen von unseren knapp 250 Betatestern gesammelt, um einige der wichtigsten Signale zu identifizieren. Nun prüfen wir, wie wir sie justieren müssen. Dann können wir das Vorhersagemodell individualisieren. Und mit jedem neuen Benutzer können wir den Lernprozess verbessern.

TR: Wir genau könnte Glow mit der Zeit werden?

Levchin: Es wäre natürlich ziemlich gigantisch, wenn wir eines Tages sagen könnten, der Eisprung findet um diese genaue Uhrzeit statt. Soweit sind wir logischerweise nicht. Aber unsere wachsende Datensammlung und die zunehmende Verfügbarkeit passiver Sensoren dürften das schnell voranbringen. Es gibt eine ganze Reihe an Leuten, die an diesen billigen Geräten arbeiten, die man den ganzen Tag über tragen kann, beispielsweise ein Thermometer zur Erfassung der Basaltemperatur. Mit solchen Signalen dürfte das, was wir erreichen können, ziemlich eindrucksvoll werden. (bsc)