Software-Tests mit Sensorhandschuh

Am Rostocker Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung wird ein Handschuh entwickelt, der helfen soll, die Beziehung zwischen Menschen und Technik zu verbessern.

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Von
  • Joachim Mangler
  • dpa

Es ist ein gern gezeigter Videoclip, wenn es um das Thema Bedienerfreundlichkeit am Computer geht: In einem kleinen Büro schlägt ein wütender, völlig enthemmter Angestellter mit der Tastatur auf den vor ihm stehenden Monitor und reagiert seine wohl über Wochen angestauten Aggressionen ab. Solche Wutausbrüche könnten der Vergangenheit angehören, wenn sich Software-Hersteller einer am Rostocker Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD) entwickelten Technik bedienen würden.

Die rund 25 IGD-Mitarbeiter beschäftigen sich nach Worten ihres Chefs, Bodo Urban, vor allem mit der Frage: "Wie gestalten wir die Beziehung zwischen Mensch und Technik?" Eine Teilantwort darauf soll der in Rostock entwickelte "EmoHandschuh" geben. Probanden ziehen den Emo-Handschuh an und testen beispielsweise eine neue Software.

"Wir verfolgen alle Bewegungen der Tastatur und der Maus", sagt Urban, dazu kommen Erkenntnisse, wie die Augen über den Bildschirm wandern und welche Mimik beim Probanden zu erkennen ist. Der Clou an der Entwicklung ist, dass mit dem "Emotionshandschuh" physiologische Parameter wie Herzfrequenz, Hautwiderstand und Körpertemperatur aufgenommen und daraus emotionale Zustände abgeleitet werden können. Parameter also, die kaum dem Willen unterliegen und einen direkten Zugang zu den Gefühlen zulassen.

"Wir können mit diesem intelligenten System das emotionale Befinden der Probanden ableiten – fast wie bei einem Lügendetektor", sagt Urban. So kann erkannt werden, ob die Bedienelemente für eine Software in Ordnung sind oder ob jemand gestresst oder gelangweilt ist – für Spielehersteller fast das wichtigste Kriterium.

Noch ist das System mit Unsicherheitsfaktoren behaftet. Stress und Ärger werden zu 80 Prozent detektiert, Langeweile, also nicht so starke Emotionen, nur zu 60 Prozent. "Es ist ein Gegenstand unserer Forschung, das noch besser hinzubekommen", so Urban.

Nach den Worten des Institutsmitarbeiters Randolf Schulz sind die Software-Hersteller noch nicht bereit, die zusätzlichen Kosten für solche Untersuchungen an fertigen Produkten zu bezahlen. "Wir haben den Markt abgeklopft, um eine Ausgründung vorzunehmen, das hat leider nicht geklappt", berichtet er. Dennoch sieht er bei zunehmender Konkurrenz und wachsender Zahl von Anbietern eine Marktchance. Wenn schon mitten im Entwicklungsprozess die Handhabung ständig geprüft wird, dann koste das nicht viel mehr. "Man steht aber am Ende des Prozesses mit einem Produkt da, mit dem man einen erheblichen Wettbewerbsvorteil hat", ist sich Schulz sicher.

"Der Handschuh ist eine erstaunliche und sehr aussagekräftige Methode für die Software-Evaluierung", sagt Friedemann Nerdinger, Professor für Wirtschafts- und Organisationspsychologie an der Universität Rostock. Er kann aber Menschen verstehen, die die Technik für bedrohlich halten, vor allem beim Einsatz im Arbeitsleben. In größeren Unternehmen würde sich bestimmt der Betriebsrat solcher Pläne annehmen, vermutet er.

Urban sieht sein System mit dem Testen von Software noch nicht am Ende. Es wird in Zukunft noch mehr können – es wird auch auf Emotionen reagieren. "Man könnte den Probanden beim elektronischen Lernen einen Zwischentest anbieten, damit er merkt: "Du solltest Dich besser konzentrieren", oder aber bei Überforderung eine einfachere Lektion", sagt Urban. Oder wenn die Frustration zu groß wird, könnten die Programmierer eine Zwangsunterbrechung mit Gymnastik einbauen. Eine solche Unterbrechung wäre auch gut für manche Kinder, damit sie nicht zu lange vor dem PC sitzen. (Joachim Mangler, dpa) / (anw)