NSA: Gesetzesverstöße blieben jahrelang unbemerkt

Fast drei Jahre lang hat die NSA beim Überwachen gegen Auflagen verstoßen, ohne dass es den zuständigen Aufsichtsstellen aufgefallen ist. Um das zu entdecken, hat den Verantwortlichen offenbar der technische Überblick gefehlt.

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Die NSA hat jahrelang ihre immense Datenbank mit Verbindungsdaten von US-amerikanischen Telefonaten in einer Weise durchsucht, dass die vom zuständigen Geheimgericht FISC festgelegten Datenschutzregeln verletzt wurden. Das geht aus einer ganzen Reihe von Dokumenten hervor, die der US-Geheimdienstkoordinator am Dienstag veröffentlicht hat, berichtet die Washington Post. Die Gesetzesverstöße sind demnach fast drei Jahre lang nicht entdeckt worden, weil niemand der Verantwortlichen einen ausreichenden Überblick über die Funktionsweise des Systems hatte. Erst Angestellte des Justizministeriums hätten den Vorgang entdeckt und an das Geheimgericht gemeldet.

Edward Snowden hatte bereits im Juni behauptet, er hätte auch US-Präsident Obama ausspionieren können.

(Bild: whitehouse.gov)

Demnach informierte das Ministerium den Foreign Intelligence Surveillance Court Anfang 2009 darüber, dass die NSA für die Datenbank eine automatische Warnliste angelegt hatte. Die meldete sich bei den eingetragenen Telefonnummern, die aber teilweise gar keinen Bezug zu mutmaßlichen Terroristen hatten. Darüber hinaus hätten im Lauf der Zeit mehr als 200 Personen Zugang zu Suchergebnissen gehabt, in denen die Identität von US-Bürgern nicht hinreichend anonymisiert war. Weiterhin sei nach Telefonnummern gesucht worden, lange nachdem diese als irrelevant eingestuft worden waren.

Der ungesetzliche Umgang mit der massiven Datensammlung dauerte demnach von Mai 2006 bis Januar 2009. Gemeinsam mit anderen bereits deklassifizierten Dokumenten zeichnen die neuen Enthüllungen das "beunruhigende Bild eines Nachrichtendienstes mit umfassenden Überwachungsbefugnissen, über deren technische Funktionsweise aber niemand gänzlich Bescheid weiß", schlussfolgert die Zeitung. Außerdem habe die NSA ihre Programme gegenüber den zuständigen Aufsichtsstellen wiederholt falsch dargestellt. Das geheime Gericht FISC sei aber angewiesen auf akkurate Darstellungen, da ihm die Ressourcen fehlen, um die Angaben zu prüfen.

Die Gesetzesverstöße traten bei dem Überwachungsprogramm auf, mit dessen Enthüllung die NSA-Affäre vor mehr als drei Monaten ihren Ausgang nahm. Darunter erhält die NSA die Verbindungsdaten aller Telefonate mindestens der größten US-Telefonanbieter. Diese Massenaufzeichnung ("bulk records") hatte nach den Anschlägen vom 11. September 2001 begonnen und war erst 2006 unter (geheim-)gerichtliche Aufsicht gestellt worden. Da es hierbei um die Überwachung von US-Bürgern geht, gehört das Programm in den USA derzeit zu den am stärksten diskutierten unter denen, die Edward Snowden enthüllt hat.

Dass die Dokumente nun überhaupt veröffentlicht wurden, ist die Folge zweier Klagen der ACLU (American Civil Liberties Union) und der EFF (Electronic Frontier Foundation). Die ACLU hat nach eigenen Angaben außerdem gegen die Sammlung der Verbindungsdaten geklagt. Die bisherigen Enthüllungen verstärken unterdessen die Zweifel an der Versicherung der NSA, sie habe sich in Deutschland an die Gesetze gehalten. Auf diese Zusicherung gründen sich aber die Beschwichtigungen der Bundesregierung, die wohl keine weitere Überprüfung plant. (mho)