Roboter retten, tanzen und kicken

Am Qualifikationsturnier RoboCup Junior in Magdeburg beteiligten sich dieses Jahr etwa 100 Schülerteams. Neue Regeln schraubten die Anforderungen teilweise deutlich nach oben.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 15 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Wie im vergangenen Jahr wurde die RoboCup-Saison wieder in Magdeburg eröffnet. Etwa 100 Schülerteams beteiligten sich am ersten Qualifikationsturnier im Rahmen des RoboCup Junior. Das waren spürbar weniger als beim letzten Mal, was für einen vergleichsweise entspannten Auftakt sorgte. Doch der Eindruck, dass das Interesse nachlasse, täuscht offensichtlich. "Insgesamt ist die Zahl der Teams gestiegen", sagt Chefkoordinator Ansgar Bredenfeld. "Viele Soccer-Teams haben sich aber für die späteren Turniere auf dem Nürburgring und in Fürstenfeldbruck angemeldet. Das gibt ihnen mehr Zeit, sich auf die neuen, leider recht spät bekanntgegebenen Regeln einzustellen."

Auf dem Fußballfeld besiegten die Roboter der "Franconian Roboforce" von der Realschule Helmbrechts ihre Gegner klar.

Die Veränderungen beim Wettbewerb für Fußballroboter sind in der Tat ziemlich drastisch. Endgültig festgelegt wurden sie dennoch erst kurz vor Weihnachten 2008. Bisher spielten die Roboter auf einem Spielfeld, das in verschiedenen Grautönen bedruckt war, sodass sie daran ihre Position ablesen konnten. Begrenzt wurde das Feld von einer Bande, von der der Ball zurückprallte. Jetzt ist das Spielfeld einfarbig grün mit weißen Linien wie ein ganz normales Fußballfeld. Wer es sich besonders schwer machen will, kann auch auf einem größeren Feld ohne Bande spielen. Wenn der Ball über die äußere Linie rollt, ist er im Aus. Mit blindem Kicken, das auf den alten Felder noch halbwegs funktionierte, kommt man da nicht mehr weit.

In Magdeburg trauten sich nur zwei Teams, in dieser neuen Königsklasse anzutreten. Aber sowohl die Franconian Roboforce GENIII als auch die FIRST GENious xD kamen mit der Auslinie nicht wirklich zurecht. Allerdings traf die Franconian Roboforce deutlich häufiger das gegnerische Tor und qualifizierte sich damit für die RoboCup German Open. Die Orientierung auf den grünen Spielfeldern mit Bande gelang den meisten Teams recht gut, deren Roboter in der Regel mithilfe von Ultraschall- und Kompass-Sensoren ihre Position bestimmen.

Die meisten Teilnehmer gab es in der Rescue-League. Für neue Teams ohne Wettbewerbserfahrung bietet diese Liga den leichtesten Einstieg. Die Roboter müssen einer schwarzen Linie folgen und Strichmännchen bemerken, die menschliche Opfer symbolisieren. Das lässt sich noch mit vergleichsweise wenig Aufwand realisieren. Allerdings ist die Linie gelegentlich unterbrochen oder mit Hindernissen verstellt. Die Roboter müssen Steigungen bewältigen und dürfen sich durch herumliegende Zahnstocher nicht irritieren lassen. "Das Leistungsspektrum ist sehr breit gestreut", sagte ein Schiedsrichter. Erste Erfolgserlebnisse lassen sich relativ rasch erzielen. Um aber auf einem der vorderen Plätze zu landen, ist dann doch einige Raffinesse bei Konstruktion und Programmierung erforderlich.

Zeljko Amidzic vom Team "Kabotz" (Wilhelmsgymnasium Kassel) demonstriert der Jury die Steuerung.

Ursprünglich galt einmal der Tanzwettbewerb als Einstiegsliga, weil man einem Roboter im Prinzip auch ohne Sensoren rhythmische Bewegungen einprogrammieren kann. Doch dann können kleine Unebenheiten im Boden oder Unregelmäßigkeiten im Antrieb den Roboter schnell aus dem Takt bringen. Heute lassen viele Teams ihre Roboter ganz selbstverständlich über Bluetooth oder Infrarotsensoren miteinander kommunizieren, um ihre Bewegungen aufeinander abzustimmen. Beim Gespräch mit der Jury gehen ihnen Ausdrücke wie "Master-Slave-Programmierung", bei der ein Roboter das Verhalten der anderen dirigiert, problemlos von den Lippen.

Auch das Design der Roboter ist immer wieder beeindruckend. In Magdeburg hatte das Team BlueBanana vom Gymnasium Langenhagen die Trickfilmfamilie Simpsons aus Styropor nachgebildet. Schülerinnen von der gleichen Schule, die sich zum Team Saturday zusammengetan haben, inszenierten das Märchen "Hänsel und Gretel" mit liebevoll und raffiniert konstruierten Robotern. Beide konnten sich qualifizieren.

Das Team "BlueBanana" vom Gymnasium Langenhagen trat mit Roboter-Simpsons an.

Weil die Entscheidungen im Tanzwettbewerb von einer Jury getroffen werden, sind sie naturgemäß umstritten. Die RoboCup-Organisatoren versuchen, dem entgegenzuwirken, indem sie die Beurteilungskriterien transparent machen. Die Checklisten der Juroren sind allgemein zugänglich, sodass die Teams nachvollziehen können, mit welchen Punktabzügen sie bei Zeitüberschreitungen, Verlassen des vorgeschriebenen Bühnenbereichs oder Neustarts rechnen müssen. Im Interview mit der Jury haben die Teams zudem die Chance, Konstruktion und Progammierung ihrer Roboter zu erläutern. Selbst gebaute Roboter werden höher bewertet als fertig gekaufte. Auch mit komplexeren Programmelementen wie Schleifen oder Verschachtelungen lässt sich punkten.

Insgesamt ist das Niveau beim Tanzwettbewerb deutlich gestiegen. Selbst Teams, die zum ersten Mal teilnahmen, zeigten in Magdeburg eine bemerkenswerte Bühnenpräsenz. Die Roboter bewegten sich nicht immer gleich so, wie sie sollten, doch das ist normal. Es macht einen großen Unterschied, eine Choreographie in den vertrauten Schulräumen zu proben oder in einer großen Messehalle aufzuführen. Hier sorgten zahlreiche Mobiltelefone mit Bluetooth für Kommunnikations-Störungen. Es reichte aber aber häufig, die im Programm vorgesehene Zeit für die Herstellung der Verbindung zu erhöhen. So verbesserten sich die Aufführungen aller Teams schon während des Turnierwochenendes deutlich.

Diejenigen, die sich für die RoboCup German Open qualifiziert haben, dürften vielfältige Anregungen mit nach Hause nehmen, um ihre Darbietungen in den kommenden zwei Monaten noch weiter zu verfeinern. Vom 20. bis 24. April geht es dann auf der Hannovermesse um die Qualifiktion zur RoboCup-Weltmeisterschaft, die in diesem Jahr vom 29. Juni bis 5. Juli in Graz ausgetragen wird. Die detaillierten Ergebnisse des Magdeburger Turniers sollen in Kürze im Internet veröffentlicht werden.

(Hans-Arthur Marsiske) / (uma)