Zehn Wiener Schulen wollen Videoüberwachung

Videoüberwachung an Wiener Schulen: Zwischen Ärger über Knallkörper auf Klos und Vorwürfen über "pädagogische Kapitulation" muss nun die Datenschutzkommission ihren Weg finden.

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Zehn Wiener Schulen haben bei der österreichischen Datenschutzkommission um eine Genehmigung für den Einsatz von Videoüberwachung angesucht. Dies berichten österreichische Medien. Einige andere Schulen setzen Videoüberwachung demnach bereits ohne Genehmigung und damit rechtswidrig ein. Während die ÖVP-Vorfeldorganisation Wiener Schülerunion dafür ist, spricht sich die Sozialistische Jugend Österreich (SJÖ) dagegen aus.

Der Wunsch nach Videoüberwachung dürfte zumindest an manchen Schulen ein Alleingang der Direktion sein, der nicht die Unterstützung der Schulgemeinschaft findet. Die Tageszeitung Der Standard berichtet über den Unmut von Schülern der Sir Karl Popper Schule. Dort wurde im Dezember 2007 eine Toilette durch einen Silvester-Knallkörper beschädigt. Daraufhin hat die Direktion im Februar einen Antrag auf Videoüberwachung gestellt, Schüler und Lehrer haben erst drei Wochen später davon erfahren. Die Jugendlichen sind empört und haben neben einer Protestversammlung eine Unterschriftenaktion organisiert. Für sie ist die Vorgehensweise eine "pädagogische Kapitulation".

Die Schüler ziehen eine Gangaufsicht durch Lehrer vor. "Sie befürchten eine Betonung des Anstaltscharakters der Schule; weil niemand der Beobachtung entkommen könne, drücke die Videoüberwachung eine Kriminalisierung aller Schulmitglieder aus", schreibt der Standard, der auch Immanuel Harisch, einen Absolventen der Sir Karl Popper Schule zitiert: "Diese Art des Problemlösens ist schlichtweg falsch, da die Probleme nicht gelöst, sondern unterdrückt werden. Man setzt sich nicht mit ihrer Wurzel auseinander und somit auch nicht mit den Schülern."

Phillip Braza, Landesobmann der Wiener Schülerunion und Consenior im Wiener Stadtverband (WStV) des Mittellschüler-Kartell-Verbandes (MKV), besucht mit dem Sacre Coeur eine jener Schulen, die Videoüberwachung ohne datenschutzrechtliche Genehmigung einsetzen. Er hält die Videoüberwachung aufgrund vieler Diebstähle für notwendig und sieht "keine andere Lösung". Wolfgang Moitzi, Vorsitzender der SJÖ, äußerte gegenüber der Zeitung eine konträre Meinung: "Wir lehnen Videoüberwachung an Schulen ab, weil wir glauben, dass man so Probleme nicht lösen kann. Es ist wichtig, dass Schulen ein Ort sind, wo Schüler sich wohl fühlen, wo kein Druck auf sie ausgeübt wird, sondern wo sie gern sind."

Gegenüber dem ORF hat Waltraut Kotschy, geschäftsführendes Mitglied der Datenschutzkommission, betont, dass eine Genehmigung dann in Frage komme, wenn es zu gehäuften und dokumentierten strafrechtlichen Zwischenfällen gekommen sei. Der bloße Wunsch eines Direktors oder Elternvereins sei zu wenig. Sie möchte, dass Datenschutzkommission und Wiener Stadtschulrat (Schulbehörde) nun gemeinsam Richtlinien für Videoüberwachung an Wiener Schulen erarbeiten. (Daniel AJ Sokolov) / (jk)