Ubuntu 13.10 durchstöbert das Netz

Mit den neuen Smart Scopes soll "Saucy Salamander" den lokalen Desktop enger mit dem Internet verzahnen. Dazu gibt es viel aktualisierte Software.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Dr. Oliver Diedrich
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Während der Arbeit an Ubuntu 13.10 (Saucy Salamander) lag der Schwerpunkt der Entwicklung auf Ubuntu Touch für Tablets und Smartphones, weniger auf der Desktop-Version von Ubuntu. Entsprechend übersichtlich fallen die Veränderungen gegenüber der Vorversion 13.04 aus – selbst das Erscheinungsbild des Desktops wurde so behutsam geändert, dass es kaum einem Ubuntu-Anwender auffallen dürfte.

Ubuntu 13.10 (7 Bilder)

Die größte Neuerung in Ubuntu 13.10 sind die Smart Scopes, ...

Menü und Toolbar in Nautilus passen jetzt besser zum sonstigen Ubuntu-Erscheinungsbild.

Trotzdem gibt es einige Neuerungen. Natürlich ist die Software auf den aktuellen Stand gebracht: Kernel 3.11, Unity-Desktop 7.1, Firefox und Thunderbird in Version 24, LibreOffice 4.1.2, Rhythmbox 2.99, Shotwell 0.15. Der Gnome-Unterbau des Unity-Desktops wurde von Gnome 3.6 auf 3.8 aktualisiert, was auch einigen Apps wie dem Videoplayer Totem und dem IM Empathy ein Update beschert hat. Der Dateimanager Nautilus passt sich jetzt optisch besser in den Ubuntu-Desktop ein.

All diese Aktualisierungen bringen kleinere Verbesserungen und Bugfixes, aber keine größeren Veränderungen in Funktionalität oder Bedienung gegenüber Ubuntu 13.04. Änderungen bei den standardmäßig installierten Anwendungen, die während der Entwicklung andiskutiert wurden – etwa den Wechsel von Firefox zu Chromium als Default-Browser –, wurden letztlich nicht umgesetzt. Aber allein der Sprung auf neuere Versionen der Anwendungen dürfte bereits das Update lohnen.

Größte Neuerung in Ubuntu 13.10 sind die Smart Scopes.

Wichtigste Neuerung des Unity-Desktops sind die Smart Scopes. Die Suche in der Home Lense, die sich öffnet, wenn man das Dash öffnet, bezieht jetzt zahlreiche zusätzliche Online-Quellen mit ein. Neben Anwendungen und lokalen Dateien erhält man auch Treffer auf Amazon, Ebay, Facebook, Flickr, GitHub, Google News, Picasa, Soundcloud, Youtube, Wikipedia und so weiter und so fort – Ubuntu 13.10 bringt Dutzende dieser Smart Scopes mit.

Das Smarte daran ist Canonicals neuer Smart Scopes Service, der die Relevanz der Treffer bestimmt und so dafür sorgt, dass das Dash nur die Scopes mit den besten Treffern anzeigt. Dazu wertet der Dienst die Suchanfragen aller Ubuntu-Anwender aus. Über den neuen Suchergebnis-Filter kann der Anwender einfach auswählen, welche Scopes ihre Ergebnisse darstellen dürfen.

Die Einstellungen zu "Sicherheit und Datenschutz" sind übersichtlicher geworden.

Mit dem Tool "Datenschutz und Sicherheit" in den Einstellungen, einer überarbeiteten Version des alten Privatsphäre-Werkzeugs, lässt sich der Online-Zugriff des Dash komplett abschalten – das ging auch schon in der Vorversion. Neu ist die Option, auf der Anwendungen-Lens jeden einzelnen Scope einzeln deaktivieren zu können: Youtube-Videos ja, aber bitte keine Amazon-Kauftipps, das ist jetzt möglich.

Im Test lieferten die Smart Scopes durchaus brauchbare Ergebnisse. Letztlich ist es wohl eine Frage der eigenen Gewohnheiten, ob man die Smart Scopes nützlich findet: Wer Anwendungen in der Programmübersicht sucht und lokale Dateien im Dateimanager, wer vorher weiß, ob er weitergehende Informationen, Videos oder Produkte sucht und entsprechend Wikipedia, Youtube oder Amazon ansteuert, wird den Smart Scopes vermutlich nicht viel abgewinnen können. Wer Suchbegriffe sowieso stets bei Google eintippt und das Google-Suchfeld auf Android-Smartphones schätzt, findet in den Smart Scopes ein Pendant dazu auf dem lokalen PC. Und selbst ein Taschenrechner ist eingebaut.

Mit der Compute-Smart-Scope kann das Dash auch rechnen.

Die wichtigste technische Neuerung in Ubuntu 13.10 ist ausgefallen: Anders als ursprünglich geplant verwendet Ubuntu 13.10 standardmäßig nicht Canonicals Display-Server und Compositor Mir. Grund dafür sind Mängel bei der Unterstützung von Multi-Monitor-Umgebungen bei Xmir, der Komponente, die X11-Anwendungen unter Mir laufen lässt. Ein großer Verlust ist das nicht: Sowohl der Desktop Unity 7.1 als auch die mitgelieferten Anwendungen sind noch durchgängig X11-Programme, die ihre Grafik nun halt über den X-Server und den Compositor Compiz statt über XMir und Mir ausgeben. Dass sich der Grafikstack mit Mir verändert hat, hätten Anwender höchstens daran gemerkt, dass irgendwelche Dinge schlechter funktioniert hätten als in der Vorversion.

Mir und XMir sind aber in den Repositories enthalten und lassen sich nachinstallieren. Dort findet sich auch ein Paket Unity8. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Vorabversion der kommenden Unity-Version, die auf Mir läuft und die Oberfläche von Ubuntu und Ubuntu Touch vereinheitlichen soll, sondern um einen Emulator der Ubuntu-Touch-Oberfläche zum Testen von QML-Apps.

Canonicals Init-System Upstart hat in der neuen Version 1.10 zusätzliche Event-Kanäle zur Kommunikation mit den via Upstart verwaltenen Jobs erhalten und kann jetzt Jobs starten, wenn eine konkrete Datei angelegt oder gelöscht wird. Die bereits in Ubuntu 13.04 eingeführten Upstart User Sessions sind jetzt standardmäßig aktiviert: Eine Reihe von Upstart-Skripten in /usr/share/upstart/sessions/ und ~/.config/upstart bestimmen, welche Dienste in einer User-Session gestartet werden. Einen Überblick über die laufenden Jobs in einer Session gibt der Befehl initctl list, wenn er unter der User-ID des Anwenders läuft, der die Session gestartet hat.

Der Ubuntu Server 13.10 konzentriert sich weiter Richtung Cloud: OpenStack liegt in der brandaktuellen Version 2013.2 (Havana) bei. Die Virtualisierung mit LXC (Linux Containers) wurde verbessert; laut Canonical soll es möglich sein, mit LXC 1.0-alpha1 in Sekundenschnelle neue virtuelle Maschinen aufzusetzen. Auch das Cloud-Management-Tool Juju wurde verbessert. Es gibt jetzt auch eine Version für 64-bittige ARM-Prozessoren, die allerdings noch ziemlich am Anfang steht und nicht alle Programmpakete mitbringt.

Während Ubuntu Touch für Tablets und vor allem für Smartphones mit Version 13.10 erhebliche Fortschritte gemacht haben soll und allmählich alltagstauglich werden soll (wir werden einen Test bei nächster Gelegenheit nachliefern), halten sich die Neuerungen bei der Desktop- und Server-Version in Grenzen. Wer derzeit Ubuntu 13.04 verwendet, muss allerdings in den nächsten Wochen trotzdem auf 13.10 updaten: Canonical hat den Support für die Versionen zwischen den LTS-Releases mit fünf Jahren Update-Garantie auf neun Monate verkürzt. Dank aktualisierter Software lohnt das Update aber durchaus, und wer weiß: Vielleicht gewöhnt man sich die Smart Scopes und gewinnt sie mit der Zeit richtig lieb.

Von der letzten LTS-Version 12.04 aus gibt es deutlich mehr Verbesserungen; so funktioniert der Unity-Desktop mittlerweile deutlich glatter als in Ubuntu 12.04. Wenn es nicht unbedingt LTS sein muss, kann man Ubuntu 13.10 durchaus als Zwischenschritt zu 14.04 LTS mitnehmen, schließlich wird es bis drei Monate nach Veröffentlichung der nächsten LTS-Version mit Updates versorgt. Auch wer Ubuntu neu installiert, ist mit 13.10 besser bedient als mit 12.04 LTS. (odi)

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