iPhone: Freiheit nur gegen "Strafzuschlag"

Mit harten Bandagen kämpft Vodafone gegen T-Mobiles Exklusivvertrag für das iPhone und befreit das Trend-Handy damit vorerst von technischen und vertraglichen Fesseln. Der Kunde muss sich diese Freiheit allerdings teuer erkaufen.

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Harte Bandagen sind auf dem umkämpften Telekommunikationsmarkt nichts Ungewöhnliches. Dass sich konkurrierende Unternehmen gegenseitig mit Abmahnungen und Einstweiligen Verfügungen traktieren, gehört zum Branchenalltag, selbst wenn es dabei um Details wie die Schriftgröße des Kleingedruckten gehen sollte. Dass sich Vodafones jüngster juristischer Schachzug gegen T-Mobile so großer Aufmerksamkeit erfreut, dürfte auch daran liegen, dass es sich bei dem iPhone um ein Produkt handelt, das einen seltenen Hype ausgelöst hat.

Bereits gestern war abzusehen, dass sich T-Mobile an die vom Hamburger Landgericht erlassene Einstweilige Verfügung halten würde. Die Spekulationen um das "Wie" hat der Bonner Netzbetreiber heute mit einem saftigen Aufpreis für die ungesperrte und vertragsfreie Version des Trend-Handys beantwortet. Für 999 Euro gibt es das "freie" iPhone bei T-Mobile – immerhin 600 Euro mehr als das bisherige Vertragsangebot. Allerdings nur so lange, bis der Rechtsstreit endgültig geklärt sei, heißt es aus Bonn.

In der Zwischenzeit bemüht sich T-Mobile auf die Vorteile eines iPhones mit Vertrag hinzuweisen: EDGE-Ausbaustand, WLAN-Hotspots, Datenflatrates. "Das iPhone für 999 Euro ist für Kunden keine Alternative zu unserem Komplett-Angebot", sagte T-Mobile-Chef Philipp Humm am Mittwoch in Bonn der Nachrichtenagentur dpa-AFX. Ohne T-Mobile-Vertrag sei es für Datendienste nur eingeschränkt nutzbar. Außerdem gingen "bestimmte Funktionen nur im T-Mobile Netz."

"Wir sind zuversichtlich, dass wir im Recht sind", erklärt Humm und bekräftigte die Drohung mit Schadenersatzforderungen gegen Vodafone. Der Widerspruch der Bonner ist beschlossene Sache, bis Ende der Woche soll er dem Gericht zugestellt werden, sagt eine Unternehmenssprecherin. Die Entscheidung im mündlichen Verfahren soll nach Angaben des Gerichts dann möglichst schnell erfolgen. Doch auch im Fall einer Niederlage im mündlichen Verfahren will T-Mobile die Angelegenheit ausfechten und ins Hauptsacheverfahren gehen, wie die Sprecherin bestätigte. Das könnte dann etwas länger dauern.

Bis dahin wundert sich der bislang von üppig subventionierten Handys verwöhnte deutsche Kunde über den stolzen Preis, der für das iPhone ohne T-Mobile-Vertrag angesetzt ist. Da der ursprüngliche iPhone-Preis von 399 Euro von T-Mobile nach eigenen Angaben nicht direkt subventioniert wird, dürfte der saftige Aufschlag vor allem der Abschreckung dienen. Von einem "Strafzuschlag" spricht dann auch Vodafone, hält die ganze Affäre aber trotzdem für einen Sieg im Sinne der Verbraucher. "Vodafone ist ein schlechter Verlierer", gibt Humm an die Adresse der Düsseldorfer zurück.

Für völligen Quatsch hält der Telekommunikationsexperte Torsten Gerpott das Gezänk der beiden deutschen Mobilfunkriesen laut der Rheinischen Post. "Es gibt kein im Grundgesetz verankertes Recht auf das iPhone. In einer freien Marktwirtschaft entscheiden immer noch die Unternehmen, wie und mit wem sie ihre Produkte verkaufen wollen", sagte er gegenüber der Zeitung. "Das ist ein neuartiger Deal, aber legitim", meinte Gerpott zu Apples Vertragskonditionen, nach denen die Netzbetreiber bis zu 30 Prozent der Umsätze von iPhone-Kunden an den Hersteller abliefern müssen. "Vodafone sollte lieber an eigenen Angeboten feilen, statt bei einer verlorenen Sache nachzutreten".

An eigenen Angeboten feilt anderen Berichten zufolge schon Debitel, die sich bei der Bundesnetzagentur gegen den Exklusivdeal für das iPhone beschwert hatten. Der Stuttgarter Serviceprovider argumentiert wie Vodafone mit den Lizenzbestimmungen der Regulierungsbehörde für den Betrieb eines Mobilfunknetzes. Danach ist der Lizenzgeber berechtigt, eine Änderung von Geschäftsbedingungen zu verlangen, die Mobilfunkteilnehmern den Wechsel zu anderen Anbietern unverhältnismäßig erschweren.

Apple hält sich in dem Streit wie gewohnt vornehm zurück und gibt dazu keinen Kommentar ab. Allerdings sehen Wirtschafts-Auguren das Exklusivitätsmodell durch den Rechtsstreit akut gefährdet. Apple müsse seine Strategie möglicherweise früher überdenken als erwartet, meint dazu Gartner-Analystin Carolina Milanesi. In seinem jüngsten Jahresbericht an die US-Börsenaufsicht hat der Konzern für diesen Fall schon vorgebaut. Sollten die exklusiven Verträge mit europäischen Netzbetreibern aus irgendeinem Grund – zum Beispiel der nationalen Rechtslage – aufgehoben werden müssen, könne das den Umsatz des Unternehmens negativ beeinflussen, heißt es in dem Bericht.

Unterdessen widmet sich die Gerüchteküche schon dem iPhone der nächsten Generation: ein UMTS-taugliches 3G-iPhone wird für das kommende Frühjahr erwartet. Gerüchten zufolge steht Telefonica in fortgesetzen Verhandlungen mit Apple für das iPhone in Spanien, das dort im Mai auf den Markt kommen solle. Dazu schwappt aus Italien das Gerücht des Tages über die Alpen: Eine italienische Nachrichtenseite will aus nicht näher genannten, aber wie üblich gut informierten Kreisen erfahren haben, dass Vodafone bereits einen exklusiven Vertrag für das UMTS-iPhone in der Tasche habe – für alle Länder, in denen es Vodafone-Netze gebe. Die voraussehbare Reaktion eines deutschen Vodafone-Sprechers auf diese Meldung: "Gerüchte kommentieren wir nicht." Ein Kollege in Großbritannien wurde schon etwas deutlicher: "Was für ein Quatsch."

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(vbr)