Kritik an den Arbeitsbedingungen beim Online-Händler Zalando

"Schrei vor Glück" ist nicht unbedingt die Haltung, die die Mitarbeiter in den Logistikzentren von Zalando den Arbeitsbedingungen bei ihrem Arbeitgeber entgegenbringen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 95 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

Mitarbeiter verpacken in Erfurt (Thüringen) im neuen Zalando-Logistikzentrum die Ware.

(Bild: dpa, Martin Schutt)

"Schrei vor Glück"? Was schon als TV-Werbung gemischte Reaktionen hervorruft, wird zur Farce, wenn es um die Arbeit bei Zalando geht; Beschäftigte kritisieren laut dem Spiegel scharf die Arbeitsbedingungen in einem Verteilzentrum des Online-Bekleidungs- und Schuh-Händlers. Zalando kontrolliere die Beschäftigten und setze sie unter Druck. Wenn ein Mitarbeiter als zu langsam auffalle, werde sein Arbeitstempo genau protokolliert. Den Mitarbeitern sei es zudem nicht gestattet, sich während der Arbeitszeit zu setzen – nach Ansicht von Zalando ließen sich viele Tätigkeiten in den Logistikzentren nicht im Sitzen ausführen. Vor allem die Fehltage und das Arbeitstempo entschieden nach einem Jahr Anstellung darüber, ob ein Mitarbeiter einen unbefristeten Vertrag erhalte, berichtet laut Spiegel ein Teamleiter.

Zalando ist unter den Fittichen von Rocket Internet entstanden, dem von den Samwer-Brüdern gegründeten Startup-Entwickler. Die Samwers hatten ihr Geld Ende der 90er-Jahre mit dem Verkauf ihrer Online-Auktionsplattform alando an eBay gemacht – alando selbst war nach dem Vorbild von eBay entstanden. Ähnliche Methoden behielt auch Rocket Internet bei, die Samwer-Brüder machten sich immer wieder vor allem mit der Nachahmung von Internet-Firmen aus den USA einen Namen. Das übliche Vorgehen ist, ein Start-up-Konzept aus den USA in anderen Ländern nachzubauen. So lehnt sich etwa Zalando an den US-Händler Zappos an.

Kritik an den Methoden, wie Zalando mit seinen Mitarbeitern umgeht, wurde auch schon in einer ZDF-Dokumentation erhoben. Ein Reporter hatte unter Einsatz einer versteckten Kamera in einem Zalando-Logistikzentrum gearbeitet. Siebeneinhalb Stunden sei das Sitzen verboten, für mehrere Hundert Mitarbeiter gebe es nur eine Toilette, so unter anderem die Vorwürfe in dem Bericht.

Laut Spiegel will Zalando, nachdem bislang nur Verluste aufgelaufen waren, im laufenden Geschäftsjahr zumindest den Break-Even erreichen. Ein weiterer Investor sei auch in Sicht: Ein großer Pensionsfonds aus den USA will angeblich bei Zalando einsteigen. Die Arbeitsbedingungen in den Verteilzentren der großen Online-Händler sind aber beileibe nicht nur bei Zalando ein Thema: So sieht sich Amazon ebenfalls in der Kritik wegen des Umgangs mit seinen Mitarbeitern; die Gewerkschaft verdi möchte durchsetzen, dass die Mitarbeiter nach den Konditionen des Einzel- und Versandhandel bezahlt werden. Amazon dagegen hält sich an den Tarifvertrag der Logistikbranche, der weit geringere Bezahlung und kein Weihnachts- bzw. Urlaubsgeld vorsieht. (jk)