Internet Governance Forum der UN: Netzpolitik im Zeitalter von NSA-Netzüberwachung

Das als Diskussionsplattform der UN für Netzpolitik eingerichtete Internet Governance Forum wird dieses Jahr gleichzeitig auch zur Plattform für Reaktionen auf den Überwachungsskandal. Brasilien etwa will die Verwaltung des Internet neu verhandeln.

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Von
  • Monika Ermert
NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Zum achten Mal trifft sich das Internet Governance Forum der Vereinten Nationen (UN IGF). Zum Auftakt waren die Enthüllungen von Edward Snowden zur massenhaften Überwachung von Internetnutzern durch die US-amerikanische NSA und den britischen GCHQ wie erwartet eines der Topthemen in mehreren Vorabveranstaltungen. Das seit 2006 als Diskussionsplattform der UN für Netzpolitik eingerichtete Forum wird dieses Jahr zur Plattform für Reaktionen auf den Überwachungsskandal. Brasiliens Kommunikationsminister Paulo Bernado Silva präzisierte bei einem Treffen von Regierungsvertretern die Pläne für eine eigene eigenen Konferenz zu Thema Netzverwaltung.

Gemeinsam mit der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen werde sein Land im kommenden Frühjahr Standards für das Management des Internet neu verhandeln. Die brasilianische Initiative wird von vielen als Herausforderung an die USA gesehen, die nach wie vor eine Sonderrolle im Bereich der Verwaltung globaler Netzressourcen hat. Auch der chinesisch-russische Vorschlag für ein internationales Cybercrime-Abkommen wird von seinen Befürwortern auf dem IGF erneut vorgebracht.

US-Offizielle und Unternehmensvertreter – große Delegationen schicken unter anderem Google und Microsoft – seien sicherlich interessiert, die Debatte einzudämmen, sagte Robert Guerra vom Citizen Lab. Erschwert wird die Mission der US-Vertreter durch eine offensichtlich stark verkleinerte Delegation. Zwar hat das State Department dieses Jahr dem finanziell kurz gehaltenen IGF erstmals einen finanziellen Beitrag von 350.000 Dollar zugesagt. Die USA haben allerdings nur noch 12 Delegierte für das IGF angemeldet im Vergleich zu rund 30 im vergangenen Jahr. Es werde sehr spannend, meint Guerra, wie verschiedene Akteure sich die geschwächte Position der USA zunutze machten.

Cyberspionage ist dabei keineswegs ein neues Thema, sagte der Wissenschaftler Aron Shull vom kanadischen Center for International Governance Innovation (CIGI). "Es war auch vor Snowden kein Geheimnis, dass Staaten einander ausspionieren und versuchen, kommerziell wertvolle Informationen zu stehlen", betonte Shull gegenüber heise online. Die meisten internationalen Rechtswissenschaftler würden Cyberspionage im Rahmen internationaler Gesetze sogar als legal bezeichnen. "Ich glaube, das ist falsch." Shull präsentierte seine Rechtsauffassung beim 8. Global Network for Scholars of Internet Governance (GIGNET).

Von den Snowden-Enthüllungen über die NSA-Überwachung und dem Streit um die Balance bei der Teilhabe dürften einige Themen, die für das IGF vorgesehen waren, in den Hintergrund drängen. Dazu gehören die Debatten um Netzneutralität, Urheberrechtsreform und Meinungsfreiheit in der Cloud – zu letzterm bietet Google ein eigenes Panel. Schließlich steht die Frage im Raum, ob das IGF in der jetzigen Form weitergeführt werden soll. Die Mitgliedsstaaten der UN verhandeln derzeit, ob es noch einmal einen Weltgipfel zur Informationsgesellschaft geben und wie Netzpolitik in der UN künftig behandelt werden soll. (jk)