TAL-Zugang: Netzbetreiber kritisieren Brüssels Regulierungspläne

Der Bundesverband Breitbandkommunikation läuft Sturm gegen die Pläne von EU-Kommissarin Neelie Kroes für einen einheitlichen europäischen TK-Markt und warnt vor einer Superregulierungsbehörde durch die Hintertür.

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Deutsche Netzbetreiber gehen gegen die Pläne von EU-Kommissarin Neelie Kroes für einen gemeinsamen europäischen Telekommunikationsmarkt auf die Barrikaden. Der vorgeschlagene Rechtsrahmen bevorzuge große Unternehmen wie die Deutschen Telekom, kritisiert der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) und appelliert an das Bundeswirtschaftsministerium, sich im Ministerrat für die Erhaltung des Wettbewerbs in Deutschland stark zu machen. "Der Entwurf der EU-Kommission gefährdet den erfolgreichen Breitband-Ausbau in Deutschland, der maßgeblich erst durch den Wettbewerb zustande gekommen ist", erklärte Breko-Präsident Ralf Kleint am Dienstag in Berlin.

Kroes will mit ihrem Vorstoß den "zersplitterten" Markt harmonisieren und Netzbetreibern die Möglichkeit schaffen, ihre Dienste grenzüberschreitend anzubieten. Dafür sollen auch Maßnahmen der nationalen Regulierungsbehörden mit Brüssel koordiniert werden. Dabei fürchtet der Breko, dass der für seine Mitgliedsunternehmen eminent wichtige Zugang zu den von der Telekom kontrollierten Teilnehmeranschlussleitungen (TAL) unter den Tisch fallen und durch einen europaweit harmonisierten Bitstromzugang ersetzt werden könnte.

Der Breko-Verband argumentiert, dass es gerade die vielen deutschen Netzbetreiber seien, die für Wettbewerb und Bewegung beim Breitbandausbau sorgen – und ihre schnellen Internetanschlüsse oft da anbieten, wo die Telekom selbst nur geringe Bandbreiten liefert. Die Telekom-Wettbewerber wollen dafür den vollen Zugriff auf die TAL behalten. So können sie bisher ihre DSL-Technik (DSLAM) etwa in Kabelverzweigern einbauen, wo es sich für die Telekom selbst nicht rechnet. Bei einem Bitstrom-Vorprodukt wären die Wettbewerber darauf angewiesen, dass die Telekom dort ausbaut.

Kopfschmerzen bereiten dem Breko auch der Wunsch Brüssels, auf Entscheidungen der nationalen Regulierungsbehörden Einfluss nehmen zu können. Der Verband kritisiert dieses "Veto aus Brüssel" scharf. Kroes wolle so "Entscheidungen der nationalen Regulierer wie der Bundesnetzagentur aushebeln", moniert Breko-Geschäftsführer Stephan Albers und warnt, Kroes versuche so, ihren eigentlich schon gescheiterten Plan für einen EU-Superregulierer durch die Hintertür durchzudrücken: "Ihre Pläne führen unweigerlich zu einem europäischen Regulierer – und damit zu einem enormen Machtzuwachs für die EU-Kommission.“

Die Kommission hatte Mitte September ihren Verordnungsentwurf zur Harmonisierung des europäischen Binnenmarktes in der Telekommunikation vorgelegt. Das umfassende Gesetzesvorhaben bedarf noch der Zustimmung des EU-Parlaments und des Europäischen Rates, bei dem das Paket noch in dieser Woche auf der Agenda stehen soll. Der Breko drängt das Wirtschaftsministerium, sich im Rat gegen die Pläne stark zu machen. Auch das Europäische Parlament fordert der Verband auf, sich gegen das Vorhaben auszusprechen.

Das Vorhaben wird auch von anderer Seite kritisiert. So vermisst die Glasfaserbranche ein "klares Bekenntnis zur Glasfaser". Auch wegen des nicht weit genug gehenden Engagements für Netzneutralität musste sich Brüssel Kritik gefallen lassen. Positiv wurden hingegen die Pläne aufgenommen, die Roaming-Gebühren bei Handy-Gesprächen im EU-Ausland mittelfristig abzuschaffen. (vbr)