Amnesty-Bericht: Deutschland hat US-Drohnenangriffe unterstützt

Amnesty International wirft den USA vor, mit den Drohnenangriffen in Pakistan das Völkerrecht zu brechen. Die USA hätten sich eine "Lizenz zum Töten" ausgestellt. Amnesty fordert die Bundesregierung auf, Deutschlands Rolle bei den Angriffen offenzulegen.

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Von
  • dpa

Eine US-Kampddrohne MQ1-Predator, bestückt mit Hellfire-Raketen

(Bild: US Air Force )

Deutschland hat nach einem Bericht von Amnesty International die völkerrechtlich umstrittenen US-Drohnenangriffe in Pakistan mit Geheimdienstinformationen unterstützt. Das teilte die Menschenrechtsorganisation unter Berufung auf pensionierte pakistanische Geheimdienstoffiziere mit. Nach deren Aussagen aus diesem und dem vergangenen Jahr sollen "die Geheimdienste in Deutschland und anderen europäischen Staaten mit den USA und deren Drohnenprogramm in Pakistan zusammengearbeitet" haben. Deutschland habe dem US-Geheimdienst CIA sogar Daten wie Handy-Nummern von späteren Drohnen-Opfern geliefert.

In dem am Dienstag veröffentlichten Bericht von Amnesty International (AI) zu US-Drohnenangriffen in Pakistan heißt es weiter: "Die USA haben beim Einsatz bewaffneter Drohnen in Pakistan immer wieder Völkerrecht gebrochen. Bei einigen Angriffen kann es sich sogar um Kriegsverbrechen handeln." Die deutsche AI-Sektion kritisierte "eine Lizenz zum Töten, die menschenrechtliche Standards und das Völkerrecht vollkommen ignoriert".

Der Pakistan-Experte von Amnesty International, Mustafa Qadri, sagte auf Anfrage: "Wir veröffentlichen diesen Bericht, um Regierungen einschließlich der deutschen dazu zu drängen, ihre Rolle in dem US-Drohnenprogramm offenzulegen."

Die Bundesregierung verlasse sich auf die Selbstauskunft der USA, wonach das Völkerrecht eingehalten werde, teilte AI weiter mit. "Die Bundesregierung muss endlich öffentlich einfordern, dass auch die USA sich an das geltende Recht halten. Deutsche Behörden dürfen die rechtswidrigen Drohnenangriffe der USA nicht auch noch unterstützen."

Amnesty-Mitarbeiter überprüften nach Angaben der Organisation alle 45 Drohnenangriffe, die zwischen Januar 2012 und August 2013 aus dem schwer zugänglichen Stammesgebiet Nord-Waziristan bekannt wurden. Im Oktober 2012 sei etwa eine 68-jährige Großmutter bei der Feldarbeit vor den Augen ihrer Enkel getötet worden, heißt es in dem Bericht. Die Kinder seien bei einem zweiten Luftschlag schwer verletzt worden. Im Juli 2012 hätten US-Drohnen 18 Dorfbewohner getötet, die anschließend als militante Kämpfer bezeichnet worden seien.

Die Drohneneinsätze werden auch Thema beim Treffen des neuen pakistanischen Premierministers Nawaz Sharif mit US-Präsident Barack Obama an diesem Mittwoch in Washington sein. Die pakistanische Regierung fordert seit langem einen Stopp der Angriffe im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan, was die USA ignorieren. Die CIA setzt die unbemannten Flugzeuge ein, um gezielt mutmaßliche Aufständische zu töten, denen zuvor kein rechtsstaatlicher Prozess gemacht wurde. Dabei kommen immer wieder Unschuldige ums Leben.

Das "Büro für Investigativen Journalismus" in London schätzt, dass bei 376 CIA-Drohnenangriffen seit 2004 zwischen 2525 und 3613 Menschen getötet wurden. Darunter sind demnach zwischen 407 und 926 Zivilisten, wovon zwischen 168 und 200 Kinder waren. (jk)