Kommentar: Apples neuer Mac Pro - schauen Profis in die Röhre?

Nach neun Monaten Abstinenz wird Apple ab Dezember wieder einen Workstation-Rechner im Programm führen. Zumindest vom Namen her.

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Von
  • Benjamin Kraft

Nun ist er also da, der schicke neue Mac Pro. Zeit wurde es ja, denn nicht nur war das alte Modell schlicht nicht mehr auf der Höhe der Zeit – er wird schon seit März in Deutschland nicht mehr angeboten. Nun hat Apple diese Lücke im Portfolio endlich geschlossen.

Nicht jeder wird mit Apples vorausgewählten Komponenten zufrieden sein.

Schaut man sich die Leserkommentare zu unserer Meldung an, unterteilen sich die Meinungen in zwei grobe Lager. Die einen finden die neue Workstation ob ihres Designs, das viel Rechenleistung auf kleinem Raum unterbringt und sich dabei radikal vom klassischen Tower abhebt, in der Tat revolutionär. Die anderen kontern, dass es sich aufgrund diverser Einschränkungen überhaupt nicht um eine Workstation handeln könne. Und so ganz falsch liegen sie damit nicht. Richtig, der neue Mac Pro ist deutlich stromsparender, in der richtigen Konfiguration zweifelsohne leistungsfähig, und in Sachen Lautstärke bewegt er sich auf dem Niveau eines Mac mini. Aber sind diese Punkte bei einer Workstation wirklich entscheidend?

Auch dass gerade dieser kleinste der Consumer-Macs als Vergleich herangezogen wird, spricht Bände. Böse Zungen auch innerhalb der Mac & i-Redaktion sprechen gar von einem Mac mini Plus. Wie der mini lässt sich der Mac Pro nämlich nur beim Arbeitsspeicher und der SSD aufrüsten. Dass die Grafikkarten wohl gesteckt und nicht aufgelötet sind, ist schön, aber dass Apple später Grafikkarten zum Aufrüsten anbieten wird, erscheint nach den Erfahrungen der letzten Jahre unwahrscheinlich.

Überhaupt: Aufrüstbarkeit. Eines der schlagenden Argumente für eine Workstation ist die Flexibilität bei der Ausstattung. Der Blick auf den Mac Pro bringt in dieser Disziplin eher Ernüchterung. Ein Zweiter Prozessor? Ohne Sockel wohl kaum. Eine dritte Grafikkarte? Nicht vorgesehen. Zusätzliche Festplatten? Fehlanzeige, intern nicht vorgesehen, das geht nur per Thunderbolt, USB oder als NAS. Spezielle Erweiterungskarten? Ebenfalls im Innern nicht vorgesehen. Da fragt man sich schon, warum Phil Schiller die 40 PCI-Express-Lanes der CPU bewirbt, wenn man sie als Anwender überhaupt nicht direkt nutzen kann. Und an alle Ästheten: Was bringt ein schön anzusehender und kompakter Rechner auf dem Tisch, wenn ich ob des Festplattenentzugs gezwungen bin, mir ein Thunderbolt-DAS auf oder unter den Tisch zu stellen?

Mac Pro 2013 (7 Bilder)

Dual-GPU

Statt zweier CPUs verbaut Apple im 2013er Mac Pro zwei Grafikchips. Die kommen von AMD und adressieren jeweils bis zu 6 GByte GDDR5-VRAM.

Den Vorwurf, der Mac Pro sei völlig überteuert, kann man allerdings nicht wirklich stehen lassen. Der Einstandspreis von knapp 3000 Euro gilt für die Konfiguration mit einem Xeon Quad-Core, einer 256 GB SSD, 12 GB DDR3-ECC-RAM und zwei FirePro D300-Karten (alias FirePro V7900). Eine kurze Recherche im einschlägigen Preisvergleich ergibt, dass allein diese Komponenten zusammen knapp 2200 Euro kosten würden. Dabei fehlen noch Mainboard, Gehäuse, Netzteil, Kühllösung und Thunderbolt-Controller. Und auch wenn man Apple einräumt, dass die Firma sicherlich bessere Konditionen als der Endkunde im Versandhandel bekommt, kann man hier nicht wirklich von Preistreiberei sprechen. Schließlich will auch die Entwicklungsarbeit bezahlt werden. Gern wird auch vergessen, dass nicht nur das Betriebssystem sondern auch einige Kreativ-Anwendungen schon zum Paket gehören. Dass aber nicht einmal Maus und Tastatur beiliegen, ist schon ein wenig knauserig.

Unterm Strich erscheint der Mac Pro als attraktives Angebot. Ob er als Workstation taugt, liegt vor allem an den individuellen Anforderungen. Wer mit der vorgegebenen Konfiguration auskommt und maximal RAM und SSD aufrüsten will, der bekommt eine optisch außergewöhnliche und flüsterleise Workstation. Doch wer auch nur einen Sonderwunsch hat, schaut in die Röhre – nur nicht in die von Apple. (bkr)