Hessische Landtagswahl trotz Einsatz von Nedap-Wahlcomputern gültig

Das hessische Wahlprüfungsgericht weist Einsprüche von Bürgern gegen die elektronische Stimmerfassung als "offensichtlich unbegründet" zurück.

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Von
  • Richard Sietmann

Insgesamt 18 Einsprüche wurden gegen die hessische Landtagswahl am 27. Januar erhoben, vier davon richteten sich gegen die Verwendung von Nedap-Wahlcomputern, die in sechs Wahlkreisen zum Einsatz gekommen waren. Sämtliche Einsprüche hat das hessische Wahlprüfungsgericht – das, anders als der Name suggeriert, kein Gericht ist, sondern das parlamentarische Wahlprüfungsorgan des Landtags in Wiesbaden – jetzt ohne mündliche Verhandlung als "offensichtlich unbegründet" zurückgewiesen. Die Prüfung habe "keine Anhaltspunkte für Wahlfehler ergeben, die für den Ausgang der Landtagswahl erheblich gewesen sind".

Die Kritik, dass die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) im Rahmen der Baumusterzulassung lediglich ein vom Hersteller zur Verfügung gestelltes Mustergerät überprüft habe, die bei der Wahl zum Einsatz gelangten Wahlcomputer jedoch behördlich nicht auf ihre Übereinstimmung mit der zugelassenen Bauart kontrolliert worden seien, sondern stattdessen auf die Baugleichheitserklärung des Herstellers vertraut wurde, könne keinen relevanten Wahlfehler begründen, heißt es in der Entscheidung. Denn die gerügte Verfahrensweise sei verordnungsrechtlich vorgegeben.

Hinsichtlich der Verwendung der Wahlgeräte bestätigt das Wahlprüfungsgericht eine Reihe von Wahlfehlern, die überwiegend von der engagierten Wahlbeobachtung des Chaos Computer Clubs aufgedeckt worden waren. So rügt das Gremium beispielsweise die private Aufbewahrung von Wahlgeräten bei Wahlvorständen in Niedernhausen in der Nacht vor der Landtagswahl. Der "vorzeitigen Übergabe" fehle aber die "erforderliche Erheblichkeit für den Ausgang der Wahl", führt es dazu in dem Rückweisungsbeschluss aus. Die am Wahltag vor Beginn der Stimmabgabe erfolgte Überprüfung der Versiegelung an den Geräten hätte keine Beanstandungen ergeben. "Die lediglich abstrakte Möglichkeit von Wahlmanipulationen, die prinzipiell nicht ausgeschlossen werden kann, ist nicht geeignet, die Erheblichkeit eines Wahlfehlers für den Ausgang der Wahl zu begründen".

Mit derselben Begründung als unerheblich für den Ausgang der Wahl werden auch die weiteren Wahlfehler wie etwa der Ausschluss der Öffentlichkeit bei der Inbetriebnahme der Wahlgeräte, die Zurückweisung einiger Wahlbeobachter aus Wahllokalen oder die von den CCC-Vertretern in einigen Fällen beobachtete mangelnde Aufsicht über die Wahlcomputer vor dem Beginn der Wahlhandlung zurückgewiesen.

In dem wesentlichen Kritikpunkt – der Verfassungswidrigkeit der elektronischen Erfassung und Verarbeitung der Wählerstimmen – aber erklärt sich das Wahlprüfungsgericht für unzuständig. Ihm obliege einzig die Prüfung von Unregelmäßigkeiten im Wahlverfahren durch die Kontrolle der ordnungsgemäßen Anwendung der Wahlvorschriften auf der Grundlage des geltenden Rechts, führt das Gremium aus, "eine Überprüfung der Wahl im Hinblick auf Verstöße dieser Wahlrechtsnormen gegen höherrangiges Recht ist dem Wahlprüfungsgericht hingegen verwehrt".

Gegen die Ablehnung ihres Einspruchs können die betroffenen Bürger Wahlprüfungsbeschwerde beim Landesverfassungsgericht, dem Hessischen Staatsgerichtshof in Wiesbaden, einlegen. Der hatte bereits eine vor der Wahl beantragte einstweilige Anordnung gegen die Verletzung des Öffentlichkeitsprinzips durch die Verwendung von Wahlcomputern zur elektronischen Stimmerfassung und -zählung als "eine unzulässigerweise vorverlegte Wahlprüfung" verworfen. In der Begründung hieß es seinerzeit auch, dass sich die Antragstellerin nicht auf die Verletzung von Grundrechten berufen könne, denn bei der von ihr vorgetragenen Verletzung der Öffentlichkeit der Wahl handele es sich "nicht um in der Hessischen Verfassung verbürgte Grundrechte".

Siehe dazu auch:

(Richard Sietmann) / (jk)