Anti-Klimawandel-Technik mit unerwünschten Nebenwirkungen

Eine Studie des amerikanischen National Center for Atmospheric Research warnt, dass der Einsatz bestimmter Geoengineering-Maßnahmen unbeabsichtigte Konsequenzen haben könnte.

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Von
  • Kevin Bullis

Eine Studie des amerikanischen National Center for Atmospheric Research warnt, dass der Einsatz bestimmter Geoengineering-Maßnahmen unbeabsichtigte Konsequenzen haben könnte.

Sollte die globale Erwärmung in die heiße Phase eintreten, wollen einige Forscher zu sogenannten Geoengineering-Techniken greifen, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Eine vieldiskutierte Methode bestünde darin, Sulfataerosole in die obere Atmosphäre zu pumpen, um die Erde zu beschatten und damit herunterzukühlen. Der Vorschlag mag zunächst verrückt klingen, hat aber einen entscheidenden Vorteil: Er ist vergleichsweise billig und würde deshalb, so jedenfalls erste Berechnungen, nur eine Milliarde Dollar im Jahr kosten. Das wäre, verglichen mit den wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels, Kleingeld.

Allerdings weiß noch niemand, welche Auswirkungen große Mengen Sulfat in der Stratosphäre auf längere Sicht hätten. Was es kurzfristig bedeutet, weiß die Forschung recht genau – schließlich passiert bei großen Vulkanausbrüchen nichts anderes. Doch der Schwefel aus einer Eruption fällt nach einigen Jahren zur Erde zurück. Ein erfolgreiches Geoengineering gegen den Klimawandel müsste vermutlich Jahrhunderte lang durchgeführt werden, während die Menschheit darauf wartet, dass das CO2-Niveau endlich wieder absinkt.

Eine der zu klärenden Fragen ist, wie stark die Sulfataerosole den Niederschlag beeinträchtigen würden. Laut ersten Modellrechnungen gibt es hier gute Nachrichten: Die globale Erwärmung sorgt im Durchschnitt für mehr Regen, während die Geoengineering-Maßnahmen ihn reduzieren würde. Insgesamt würde sich beides also ausgleichen.

Doch eine aktuelle Studie des amerikanischen National Center for Atmospheric Research (NCAR) legt nun nahe, dass das nicht stimmt. Stattdessen würde das Geoengineering den Niederschlag zu stark verringern – und zwar möglicherweise so stark, dass das negative Auswirkungen auf die Bewässerung der Landwirtschaft und sogar die Trinkwasserversorgung haben könnte.

Die Untersuchung im Rahmen des Geoengineering Model Intercomparison Project (GeoMIP) legt unter anderem da, dass erhöhte Kohlendioxidwerte in der Luft dazu führen, dass Pflanzen die Poren in ihren Blättern teilweise schließen. Das wiederum reduziert die von ihnen abgegebenen Wasserdampfmengen. Ohne Geoengineering würde der Planet durch die erhöhten CO2-Werte wärmer und es würde mehr regnen; der verringerte Wasserdampf aus den Pflanzen gleicht dies aus. Wird die Erde durch die Sulfataerosole beschattet und es kommt zu weniger Niederschlag, funktioniert dieser Ausgleich nicht mehr. Das Feuchtigkeitsniveau sinkt also insgesamt.

Die NCAR-Untersuchung ist keineswegs das letzte Wort in Sachen Geoengineering – und will es auch nicht sein. So konzentrierten sich die Forscher zunächst auf Extremwerte beim CO2, die die Menschheit noch vermeiden konnte. In diesem Fall würden wir die Regenverringerung möglicherweise gar nicht merken. Außerdem gibt es viele weitere Faktoren neben dem durchschnittlichen Niederschlag – etwa, welche Auswirkungen die Sulfataerosole auf die Ozonschicht haben würden. Trotzdem zeigt die Studie, dass die Wissenschaft sich Geoengineering-Maßnahmen noch intensiv ansehen muss, bevor die Technik tatsächlich zum Einsatz kommen kann.

Lesen Sie mehr zum Thema Geoengineering in Heft 12/2013 - "Plan B" (bsc)