Keine Akteneinsicht bei Filesharing-Vorwürfen

Das Landgericht München I verweigerte einem Anwalt der Medienindustrie per Beschluss Akteneinsicht. Somit kam dieser nicht an die persönlichen Daten eines mutmaßlichen Tauschbörsennutzers.

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Von
  • Peter Mühlbauer

In einem erst jetzt bekannt gewordenen Beschluss vom 12. März 2008 (Az.: 5 Qs 19/08) entschied das Landgericht München I, dass einem für die Medienindustrie tätigen Klägeranwalt bei Filesharingvorwürfen keine Akteneinsicht gewährt wird. Durch diese Entscheidung kommt der Anwalt nicht an die Daten des Inhabers des Internetanschlusses und kann diesen auch nicht abmahnen. Das Strafverfahren gegen Unbekannt, das der Klägeranwalt mit Hilfe der IP-Nummer initiiert hatte, wurde eingestellt.

Bei ihrer Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Akteneinsicht stellte die 5. Strafkammer des Landgerichts München I fest, dass die Staatsanwaltschaft die Interessenabwägung gemäß Paragraph 406e Abs.2 StPO zutreffend vorgenommen hatte. Dabei verwarf das Gericht den von der Klägerpartei vorgebrachten Vergleich, die Abfrage der zu einer IP-Nummer und einem Zeitpunkt gehörigen Personendaten würde lediglich einem Blick in ein Telefonbuch gleichen und rückte das Bild dahingehend zurecht, dass es eher darum geht "wer mit wem was am Telefon besprochen hat".

Insgesamt kam das Gericht zu der Ansicht, dass bei solch einer Akteneinsicht wegen Filesharingvorwürfen einem "erheblichen Eingriff" lediglich "fragliche zivilrechtliche Ansprüche" gegenüberstehen. Dabei spielte neben der Berücksichtigung der informationellen Selbstbestimmung, des Fernmeldegeheimnisses und der Persönlichkeitsrechte der Anschlussinhaber auch eine Rolle, dass mit dem bloßen Vorbringen einer gespeicherten IP-Nummer "deren eigene strafrechtliche Verantwortlichkeit für den Urheberrechtsverstoß nicht bewiesen ist".

Dabei berücksichtigte das Gericht, dass es einen "Anscheinsbeweis", wie ihn Abmahnanwälte in ihren zivilrechtlichen Ansprüchen geltend machen, im Strafprozessrecht nicht gibt. Dort gilt nach Art. 6 Abs.2 EMRK vielmehr die Unschuldsvermutung. "Es ist jedoch", so der Wortlaut des Beschlusses, "nicht Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden, die Geltendmachung bloßer zivilrechtlicher Ansprüche, ohne dass eine Straftat nachweisbar wäre, zu ermöglichen".

Als für den Abwägungsvorgang relevant erachtete das Gericht auch die Tatsache, dass es sich bei den urheberrechtlich geschützten Werken, für die der Klägeranwalt Rechtsverletzungen geltend machte, um Pornofilme handelte. Solche Werke dienen dem Gericht zufolge "der sexuellen Neugier und Befriedigung der jeweiligen Betrachter", weswegen eine Offenlegung von Nutzerdaten "ganz erheblich in die Intimsphäre und damit sogar in den besonders geschützten Kernbereich der Persönlichkeitsrechte des Computerbesitzers" eingreift.

Auch das Landgericht Saarbrücken hatte in einem Beschluss vom 28.01.2008 (Az.: 5 (3) Qs 349/07) mit einer zwar wesentlich kürzeren aber ähnlichen Begründung entschieden, dass bei strafrechtlichen Ermittlungsverfahren aufgrund von Filesharing-Vorwürfen keine Akteneinsicht zu gewähren ist. (pem)