Transparency International: Whistleblower-Schutz in Europa unzureichend

Nur vier europäischen Ländern werden laut der Organisation Whistleblower gut geschützt: Großbritannien, Luxemburg, Rumänien und Slowenien. In Deutschland genießt nur eine Berufsgruppe guten Schutz.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 15 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Beim Schutz von Whistleblowern bleiben die meisten EU-Länder hinter internationalen Standards zurück. Das ergibt ein Bericht über Whistleblowing in Europa, den Transparency International gestrigen Dienstag in Berlin vorgestellt hat. Darin werden die rechtlichen Rahmenbedingungen für Whistleblower in 27 EU-Mitgliedstaaten beurteilt.

So gibt es in Deutschland und weiteren 15 Ländern nur einen eingeschränkten Schutz. In sieben Ländern gibt es keinen oder nur sehr geringen Schutz. Als Grund für diesen Rückstand führt der Bericht einen "komplexen Mix aus politischen, sozialen, historischen und anderen Faktoren" auf. So seien Whistleblower mit negativen Stereotypen belastet und würden als "Informanten" oder "Verräter" denunziert. Dies verhindere, dass die persönlichen Risiken anerkannt werden, die Whistleblower eingehen, um dem Gemeinwohl zu dienen.

Nur vier Ländern wird ein guter Schutz von Whistleblowern bescheinigt: Großbritannien, Luxemburg, Rumänien und Slowenien. Der britische "Public Interest Disclosure Act" von 1998 gilt dabei als die stärkste Schutzregelung in Europa. Das 2004 verabschiedete rumänische Gesetz gilt als eines der ersten, das Whistleblower vor Vergeltungsmaßnahmen schützt.

Titelseite des Berichts

(Bild: Transparency International )

In Deutschland genießen laut dem Bericht nur Beamte einen guten Schutz vor arbeitsrechtlichen Folgen. Sie können sich bei Korruptionsverdacht anders als Tarifbeschäftigte in der öffentlichen Verwaltung und Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft direkt an die Staatsanwaltschaft wenden.

"Arbeitnehmer, die in Deutschland auf Missstände hinweisen, begeben sich auf Glatteis. Es gibt keine klaren rechtlichen Regelungen, so dass sie die Konsequenzen ihres Tuns nicht abschätzen können", sagt Edda Müller, Vorsitzende von Transparency Deutschland. Sie erwarte von der SPD, dass sie sich in den Koalitionsverhandlungen für einen verbesserten Whistleblowerschutz einsetzt. Schließlich habe sie diesen in ihrem Wahlprogramm angekündigt. Ein guter gesetzlicher Whistleblowerschutz müsse zwei Prinzipien erfüllen: So müsse ein Mitarbeiter gegenüber dem Arbeitgeber auf Missstände hinweisen können, ohne vor arbeitsrechtlichen oder anderen Folgen Angst haben zu müssen. Falls dem Hinweis nicht nachgegangen wird, müsse er auch zuständige Stellen außerhalb des Unternehmens ansprechen können.

Rainer Frank, Leiter der Transparency-Arbeitsgruppe Hinweisgeber, stellt fest, dass in Unternehmen eine immer stärkere Bereitschaft bestehe, interne Whistleblowersysteme einzurichten. Den Mitarbeitenden werde damit signalisiert, dass die Leitung auf ihre Hinweise angewiesen ist. Frank: "Leider ist die Wirtschaft sehr zögerlich, wenn es darum geht, den gesetzlichen Whistleblowerschutz einzufordern. Eine gesetzliche Regelung würde eine Kultur der Offenheit fördern."

Viele Whistleblower-Regelungen enthalten Regelungslücken und Ausnahmen, heißt es weiter in dem Bericht. Im Ergebnis müssten Arbeitnehmer, die im Glauben an einen Whistleblower-Schutz Hinweise geben, feststellen, dass sie tatsächlich über keine Rechtsmittel verfügen. Whistleblowing habe in den vergangenen Jahren viele große Skandale und Katastrophen in Europa verhindern können. Dazu gehöre etwa die Überflutung von ungarischen Dörfern mit Giftschlamm aus Abfällen der Aluminium-Produktion 2010, der 2006 bekannt gewordene Siemens-Bestechungskandal oder der Mobilfunk-Abhörskandal in Griechenland 2004 und 2005. (anw)