Polizei will beschlagnahmten Aldi-"Boliden" für sich selbst nutzen

Der in einem Filesharing-Fall eingezogene Rechner soll zur "Auswertung von Internetkriminalität" eingesetzt werden.

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Von
  • Peter Mühlbauer

Als sich der Anwalt eines Tauschbörsennutzers, der von der Musikindustrie unter dem Vorwurf angezeigt wurde, auf seinem Rechner über 3.500 MP3-Musikdateien angeboten zu haben, die Akte des Beschuldigten ansah, erlebte er eine Überraschung: Dort äußerte sich ein Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft schriftlich und ausführlich über die seiner Ansicht nach überragende Ausstattung des bei der Aldi-Winteraktion 2005 erstandenen Medion-Rechners.

Schriftlich gelobt wurden unter anderem die gültige Windows-Lizenz, die große Festplatte, die Schnelligkeit und die "klare Multimediaausrichtung des Systems". Deshalb, so der "Verwertungsvorschlag", solle das Gerät als "Auswerterechner" bei der Polizei belassen werden. Tatsächlich besteht nach § 74 StGB die Möglichkeit der "Einziehung" von Gegenständen, mit denen Straftaten begangen wurden, auch wenn den Besitzer keine Schuld trifft. Voraussetzung ist nach § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB die "Gefahr", dass der Gegenstand in Zukunft "der Begehung rechtswidriger Taten dienen" wird. Üblicherweise werden solche Gegenstände allerdings versteigert.

Der Beschuldigte hatte erst dann einen Rechtsanwalt eingeschaltet, nachdem der Anwalt der Musikindustrie nach der Beschlagnahme seines Rechners und einem Strafbefehl über 2.600 Euro zusätzlich etwa 10.000 Euro von ihm verlangt hatte. (pem)