Die Woche: SourceForge, Open Source und Adware

Wo liegen die Grenzen, wenn man Open-Source-Software über Werbung finanzieren möchte?

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Dr. Oliver Diedrich

Viele Jahre war SourceForge die natürliche Wahl für alle Open-Source-Projekte, die keine eigene Webpräsenz betreiben wollten. Entwickler fanden hier alles, was sie für ihre Projekte brauchen: Versionskontrolle Bugtracker, Foren, ein Wiki für die Dokumentation. Auch der Autor dieser Zeilen hostet noch zwei Projekte auf SourceForge (die allerdings schon seit längerem nicht mehr aktiv entwickelt werden). Erst in jüngerer Zeit musste SourceForge den Titel des größten Open-Source-Hosters an Github abgeben.

Als im Sommerloch der Einsatz eines neuen Installers beim SourceForge-Download des FTP-Clients Filezilla für Windows für einen kleinen Skandal sorgte, haben wir uns das natürlich auch angesehen – und uns damals entschieden, nicht in das allgemeine Geschrei einzustimmen. Auslöser der ganzen Geschichte: Bei der Installation von Filezilla wird – explizit als Anzeige gekennzeichnet – die Installation eines zusätzlichen Programms angeboten. Der Anwender kann dieses Angebot ablehnen und erhält dann nur Filezilla. Hier bereits von einem Drive-by-Download zu sprechen und auf SourceForge einzudreschen, wie es einige Medien taten, fanden wir arg übertrieben.

Ein Mitglied des Filezilla-Projekts bestätigte uns damals, dass das Projekt bei der Umsetzung des neuen Installers mitgearbeitet hat und an dem Umsatz beteiligt ist, der damit erzielt wird. Man habe Wert auf größtmögliche Transparenz des SourceForge-Installers gelegt und ausgeschlossen, dass nutzlose oder schädliche Drittsoftware angeboten wird. Dasselbe sicherte auch SourceForge bei der Vorstellung seines DevShare-Programms zu, dem der Installer entstammt: keine Malware, keine Irreführung des Anwenders, problemlose Deinstallation, Opt-in – die Projekte entscheiden, ob sie über den neuen Installer mit ihren SourceForge-Downloads Geld verdienen wollen oder nicht.

Das Thema kochte wieder hoch, als vor zwei Wochen das Gimp-Projekt SourceForge den Rücken kehrte. Die Gimp-Macher nannten zwei Gründe: verwirrende Anzeigen im Kontext des Gimp-Downloads, die mit einem prominenten "Download here" den Anwender in die Irre führen, und eben den neuen SourceForge-Installer (der bei Gimp allerdings gar nicht zum Einsatz kommt). SourceForge-Manager Roberto Galoppini erklärte dazu, dass über Werbenetzwerke in der Tat irreführende Anzeigen auf SourceForge-Seiten gelandet sind – ein Problem, das wir bei heise.de auch schon erlebt haben: Die Betreiber solcher Werbenetzwerke von Google bis Plista sind bei der Auswahl der Anzeigen oft weniger kritisch als die Betreiber der Websites, auf denen die Anzeigen dann landen. SourceForge will das inzwischen abgestellt haben.

Auch den Installer verteidigt Galoppini. Viele Open-Source-Projekte würden nach Wegen suchen, mit Downloads Geld zu verdienen. Mit dem Installer wolle man eine akzeptable Option anbieten, wobei SourceForge dafür garantieren will, dass nur akzeptable Software zur Mitinstallation angeboten wird und der Anwender nicht irregeführt wird. Galoppini macht kein Geheimnis daraus, dass auch SourceForge mitverdient: Schließlich würden auch das kostenlose Hosting für Projekte und die Weiterentwicklung der eigenen Allura-Plattform als Open Source Geld kosten. Und er fordert die Community auf, mitzudiskutieren, wie es mit DevShare weitergehen soll – und das Programm erst mal nicht über die derzeitige Pilotphase mit drei Projekten hinaus auszudehnen.

Trotz all dem bleibt ein schaler Nachgeschmack. Ja, auch Open-Source-Entwickler freuen sich über eine Honorierung ihrer Arbeit. Ja, die Apps der iOS- und Android-Welt haben Werbung zur Finanzierung kostenloser Software längst hoffähig gemacht. Ja, der SourceForge-Installer bemüht sich, den Anwender nicht irrezuführen. Und trotzdem: Wer sich einfach durch die Dialoge des Installers klickt, ohne hinzusehen, installiert neben dem gewünschten Open-Source-Programm eine Software, die er ziemlich sicher nicht haben möchte – sonst müsste deren Hersteller nicht zu solchen Methoden greifen.

Ein Kommentar im DevShare-Diskussionsforum bringt es auf den Punkt: "Im Prinzip müssen wir unseren Eltern jetzt sagen: Ladet nichts von SourceForge herunter, wenn ich nicht dabei bin und aufpasse." So legitim das Ansinnen des DevShare-Programms sein mag: Es trägt sicher nicht dazu bei, das Vertrauen in kostenlose und freie Software zu stärken. (odi) (odi)