Unesco einig über "Universalregeln" fürs Internet

Die Unesco pocht darauf, dass die Menschenrechte in allen Anwendungen und Diensten des Internets berücksichtigt werden. Zudem soll das Netz offen und zugänglich gehalten werden. Zur NSA-Affäre fand die UN-Kulturorganisation keine gemeinsame Linie.

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Auf der Konferenz zum "Leben und Handeln in der vernetzten Welt" berichtete Verena Metze-Mangold, Vizepräsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, dass sich die UN-Kulturorganisation auf ihrer Generalkonferenz auf erste "Internet-Universalien" verständigt habe. Demnach müssten die Menschenrechte die Basis aller Netzregeln, jeder Anwendung und jedes Dienstes bilden. Die Konferenz fand am Freitag in Berlin statt und wurde von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Branchenverband Bitkom organisiert.

Die Podiumsdiskussion "Omnipräsenz: Leben und Handeln in der vernetzten Welt".

Das Internet sei darüber hinaus in mehrfacher Hinsicht offen und zugänglich zu halten, erläuterte Metze-Mangold. Hier halte die Unesco weiterhin den "Multi-Stakeholder-Ansatz" hoch. Damit ist gemeint, dass ins Detail gehende Regulierungsbestimmungen unter gleichberechtigtem Einschluss aller Interessensvertreter ausgearbeitet werden müssen. Für die gelernte Journalistin steht außer Zweifel, dass "jede Technologie dem Menschen zu dienen hat". Gerade im Prozess der Beschleunigung durch die digitale Technik sei es wichtig, sich wieder menschlich zu verorten und als Weltbürger die Souveränität zurückzuerlangen.

Zur NSA-Affäre und der damit verknüpften Aushöhlung von Menschenrechten hat die Unesco laut Metze-Mangold noch keine gemeinsame Linie gefunden. Vor allem Brasilien dränge darauf, das Treiben westlicher Geheimdienste und die umfassende Netzspionage zu verurteilen. Angesichts geteilter Meinungen habe die Institution der Staatengemeinde jedoch zunächst nur "eine Maus geboren": So wurde eine "genaue Studie" in Auftrag gegeben, inwieweit Datenschutz und Überwachung auseinanderklaffen. Erst wenn die Ergebnisse vorliegen, soll erneut über eine Stellungnahme entschieden werden.

Zwar sprach sich Gunnar Bender, Leiter der politischen Kommunikation bei Facebook Deutschland, dafür aus, durch allgemeine Regeln fürs Internet Vertrauen bei den Nutzern zu schaffen. Man tue sich aber keinen Gefallen, "Sachen in einer Hysterie zu verteufeln". Auch wenn Einigkeit "über die großen Bilder" herrsche, "steckt der Teufel im Detail".

Jan Philipp Albrecht, Innenexperte der Grünen im EU-Parlament, stellte hingegen fest, es brauche "mutige politische Entscheidungen, um das Recht auf die neue Zeit zu übertragen". Albrecht ist federführend für die EU-Datenschutzreform zuständig. Er sieht in den Auseinandersetzungen um die Reform ein Experiment, um europäische Lösungsvorschläge für globale Probleme voranzubringen. In diesem Feld hätten sich bislang Netzkonzerne, Finanzmärkte und Geheimdienste über die Regierungen gestellt und Regeln geschaffen, die dringend einer demokratischen Legitimation bedürften. Anderenfalls drohe die "komplette Renationalisierung des Internets".

Dem Völkerrechtsexperten zufolge sollte das Motto "Wir können, wenn wir wollen" lauten. Er bedauerte, dass der EU-Ministerrat die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt habe. Auch die Bundesregierung spiele beim Voranbringen der neuen Datenschutzbestimmungen "noch nicht die Rolle, die ich mir wünschen würde". Die bisherige Unterstützung beschränke sich auf Rhetorik, etwa in den Papieren der geplanten großen Koalition.

"Ich hätte mir mehr Mut von den Grünen gewünscht, in die Regierung mit einzusteigen", entgegnete der CDU-Netzpolitiker Thomas Jarzombek. Persönlich habe er Respekt vor der Vorlage zur Datenschutzreform durch die Innenpolitiker des EU-Parlaments. Auch die Union wolle nicht, dass allein im Silicon Valley und in China die weltweiten technischen Standards entstehen, aus denen sich soziale und politische Konventionen entwickeln. Auch er befürwortete das Vorantreiben eines Netz-Völkerrechts durch globale Regeln nach dem "Multi-Stakeholder-Prinzip". (ghi)