Bewegender Bildband: "The Distance Between Us"
Zwei Brüder, zwei Schicksale - der eine ist erfolgreicher Fotograf und gesund, der andere lebt mit einer Behinderung. In dem mittlerweile vielfach ausgezeichneten Bildband "The Distance between us" dokumentiert Christopher Capozziello das Leben seines Zwillingsbruders.
- Jobst-H. Kehrhahn
Drei Minuten haben entschieden. Darüber, wer gesund zur Welt kam und wer nicht: Christopher Capozziello, genannt Chris, wurde diese drei Minuten früher geboren und ist gesund. Sein Zwillingsbruder Nick ist behindert. Als Folge einer Unterversorgung mit Sauerstoff, die statistisch nur jede 500ste Geburt bedroht. Auch die von Nick, denn als er zur Welt kam, stand sein Atem still. Nur kurz. Aber obwohl die Ärzte sofort eingriffen, war sein Hirn bereits geschädigt. Die Diagnose: "Infantile Zerebralparese".
Das war vor 33 Jahren, die letzten zwölf davon hat Capozziello seinen Bruder mit der Kamera begleitet. Mit den Fotos an die Öffentlichkeit zu gehen war nie geplant, doch mit der Zeit ergab ein Bild das andere und es entstand eine Geschichte, die mittlerweile über dreißig internationale Auszeichnungen erhalten hat. Von World Press Photo, vom Lumix Fotofestival in Hannover und der Alexia Foundation, um nur drei zu nennen. Jetzt ist sie in der Edition Lammerhuber als englischsprachiger Bildband erschienen. Der Titel: "The Distance between us".
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"Die Zeit, die ich mit meinem Bruder verbracht habe, während ich durch meine Kamera schaute, hat mich dazu gezwungen, Fragen zu stellen", meint Capoziello. Über Leiden und Glauben. Und warum jemand mit einer Behinderung geboren wird. "Bilder zu machen, war für mich eine Möglichkeit, mit der Tatsache umzugehen, dass ich einen Zwillingsbruder habe, der sich auf eine Weise durch das Leben kämpft, wie ich es nicht muss", sagt er.
Und kämpfen muss Nick: "The Distance between us" zeigt, wie sehr sein Leben vom Leiden gezeichnet ist. Wenn er Anfälle hat und krampft. Wenn er sich die U-Bahn-Treppe hinaufquält und sagt, dass er es alleine schaffen wird. Wenn ihm die Ärzte Elektroden in Kopf und Brust einpflanzten, um seine Anfälle zu lindern. Gegen die Leere, als der Vater stirbt.
"The Distance between us" wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem auch auf dem Lumix Festival 2012
"The Distance between us" ist kein einfaches Buch, aber es ist hervorragend gemacht – sowohl fotografisch als auch textlich. Es ist emotional und trotzdem unromantisch. Direkt, aber nie brutal. Liebevoll ohne Pathos und Kitsch. Vor allem aber mit viel Bewunderung und Respekt für den Bruder, der ihm letztendlich gezeigt habe, "wie man lebt".
- Info: Christopher Capozziello
- Edition Lammerhuber
- 24 x 30 cm, 208 Seiten, englische Texte, 160 Fotos
- Hardcover mit Schutzumschlag
- ISBN: 978-3-901753-61-9
- 59,- Euro
(keh)
