Kommentar: Schwärzungen dürfen nicht missbraucht werden

Ein EU-Dokument legt nahe, dass EU-Vertreter die Öffentlichkeit über den wahren Auftrag einer Arbeitsgruppe zur Klärung des NSA-Skandals getäuscht haben. Das konnten sie, weil sie offenbar beliebig schwärzen dürfen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 134 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Eine EU-Delegation darf in den USA nur über Dinge verhandeln, die auch in die Kompetenz der EU fallen – also zum Beispiel nicht über die NSA. Aber das soll die Öffentlichkeit nicht wissen und so wurde diese Feststellung in einem Dokument des Rates der Europäischen Union einfach geschwärzt. Das Geheimhaltungsrecht darf aber nicht dazu missbraucht werden, eine unerwünschte öffentliche Debatte zu verhindern.

Ein Kommentar von Martin Holland

Martin Holland schreibt seit 2012 für heise online und c't. Lange Zeit beschäftigte er sich vor allem mit den NSA-Enthüllungen des Edward Snowden und deren Folgen. Nachdem die längst Geschichte sind, haben sich neben weiteren IT-Themen, vor allem auch zu gesellschaftlichen Folgen von Internet, Social Media, Künstlicher Intelligenz & Co. schließlich Astronomie und Raumfahrt als wichtige Schwerpunkte etabliert.

Dass das Vorgehen von EU-Vertretern öffentlich wurde, war sicher nicht geplant. Nimmt man Einsicht in das Dokument 12183/13, findet sich darin der Satz: "Es gab breite Unterstützung für den Vorschlag der Kommission, eine EU-US-Arbeitsgruppe einzurichten". Der Rest ist "not declassified", also geschwärzt. Eigentlich folgt da ", deren Mandat auf die Angelegenheiten begrenzt wird, die in den Kompetenzbereich der EU fallen" – und Geheimdienstarbeit ist Sache der Mitgliedsstaaten. Als Gesprächsthema blieb hoffentlich noch das Wetter.

Die Staaten der EU haben also eine Arbeitsgruppe eingesetzt, der Öffentlichkeit erklärt, die solle den NSA-Skandal aufklären und ihr hinter den Kulissen alle Zähne gezogen. Dass vor allem Vertreter von Staaten wie Großbritannien darauf gedrängt haben, ist nicht überraschend. Sie meinten wohl, damit durchzukommen, wenn harmlose Passagen in den dazugehörigen Dokumenten geschwärzt werden. Mit der nationalen Sicherheit haben die entfernten Textstellen jedenfalls nichts zu tun.

Diese jüngste Enthüllung zeigt überdeutlich, mit welchen Tricks die Aufarbeitung des NSA-Skandals von Seiten einiger EU-Mitglieder torpediert wird. Es reicht schon lange nicht mehr, die Erklärungen der zuständigen Politiker auf die Goldwaage zu legen, wenn zugehörige Dokumente sie Lügen strafen. Dafür müssen sie aber öffentlich einsehbar sein und übermäßige Schwärzungen verhindert werden. Wir sind der Souverän und wir müssen überprüfen könne, ob wir angemessen vertreten werden. Dokumente, in denen die wichtigsten Teile geschwärzt wurden, sind dabei keine ausreichende Hilfe. (mho)